Anti-Terror-Kampf:USA bestehen auf eigene Kommandoaktionen in Pakistan

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Die Amerikaner pochen darauf, weiterhin in Eigenregie auf pakistanischem Staatsgebiet Terroristen zu jagen - auch wenn damit das Völkerrecht gebrochen wird. Das Verhältnis zwischen Islamabad und Washington verschlechtert sich wegen des Falles Osama bin Laden aber noch weiter: Aus dem US-Kongress kommt der Vorschlag, die Hilfen für pakistanische Flutopfer zu kappen.

US-Präsident Barack Obama behält sich nach Angaben des Weißen Hauses die Option vor, weiter ohne Abstimmung mit der Regierung in Islamabad gegen Terrorverdächtige in Pakistan vorzugehen. Auf die Frage, ob der Präsident trotz der scharfen Kritik aus Islamabad erneut einen Einsatz auf pakistanischem Boden anordnen würde, sagte sein Sprecher Jay Carney, Obama habe dies bereits während des Präsidentschaftswahlkampfs zugesichert. Er sei weiterhin der Ansicht, dass dies der "richtige Ansatz" sei.

Obama hatte 2008 erklärt, er werde gegen Al-Qaida-Chef Osama bin Laden oder andere ranghohe Vertreter des Terrornetzwerks auch in Pakistan vorgehen, wenn die dortige Regierung "unfähig oder nicht willens" sei, zu handeln.

Im Kampf gegen den Terror ist Pakistan eigentlich ein Verbündeter der USA, doch diese Ansage aus dem Weißen Haus dürfte das ohnehin lädierte Verhältnis weiter belasten, schließlich laufen die US-Aktionen, die Obamas Sprecher meinte, ohne Erlaubnis der Regierung in Islamabad ab - ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Regelmäßig greifen US-Drohnen mutmaßliche Verstecke von Aufständischen an. Einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP zufolge flogen die amerikanischen Streitkräfte im vergangenen Jahr mehr als 100 Attacken in Pakistan - und töteten dabei mehr als 670 Menschen.

Bin Laden wurde in der Nacht zum Montag allerdings nicht von einer Drohne, sondern von einer US-Spezialeinheit in Pakistan aufgespürt und getötet - zur Überraschung der Pakistaner: Weder die pakistanische Führung noch das Militär seien über die US-Aktion informiert gewesen, erklärte das Außenministerium in Islamabad. Pakistan sei "zutiefst besorgt" über die Art und Weise des Einsatzes. "Solche Aktionen untergraben die Zusammenarbeit und können eine Gefahr für den internationalen Frieden und Sicherheit sein." Keinesfalls dürfe ein solcher Einsatz künftig zur Regel werden.

Washington erklärte indes, die pakistanischen Behörden seien aus Angst vor Verrat nicht informiert worden. Washington habe entschieden, dass "jede Bemühung zur Zusammenarbeit mit den Pakistanern die Mission aufs Spiel gesetzt hätte", so CIA-Chef Leon Panetta.

Wie gespannt die Beziehungen zwischen Washington und Islamabad ist, zeigt auch eine Wortmeldung aus dem US-Kongress. Die republikanische Abgeordnete Kay Granger forderte angesichts der ungeklärten Rolle Pakistans im Fall Bin Laden, ein 200 Millionen Dollar Hilfsprogramm für Flutopfer auf Eis zu legen. Die Entdeckung, dass der "berühmt-berüchtigste Terrorist der Welt" fünf Jahre lang nur wenige hundert Meter von einer Militäreinrichtung gelebt haben soll, habe ihre Sorge vergrößert, dass Islamabad womöglich "unfähig" sei, die US-Gelder transparent zu verwalten, schrieb Granger in einem Brief an US-Außenministerin Hillary Clinton.

Pakistan wehrte sich gegen Vorwürfe, es habe Bin Laden Unterschlupf gewehrt. Sein Land trage nicht allein die Schuld an der jahrelangen vergeblichen Suche, sagte Regierungschef Yousuf Raza Gilani. Alle Geheimdienste weltweit hätten in Teilen versagt, "einschließlich der USA", betonte er. Sein Land könne den Kampf gegen den Terrorismus nicht alleine stemmen, sondern sei auf internationale Unterstützung angewiesen. Ähnlich äußerte sich auch der Staatssekretär im pakistanischen Außenministerium, Salman Bashir, gegenüber der britischen BBC. Der pakistanische Geheimdienst habe die CIA bereits 2009 auf das verdächtige Anwesen in Abbottabad hingewiesen.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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