Anti-Obama-Video im US-Wahlkampf:Santorum verfilmt die Apokalypse

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Alle Jobs sind weg, die Benzinpreise explodieren und Mahmud Ahmadinedschad verwandelt sich in den US-Präsidenten: In der fiktiven Kleinstadt "Obamaville" ist Amerika am Ende. Mit einem düsteren Wahlkampfspot buhlt der republikanische Präsidentschaftsbewerber Rick Santorum um die Gunst der Wähler - und sorgt für Empörung.

Friederike Zoe Grasshoff

Eine Kleinstadt im amerikanischen Nirgendwo, wir schreiben das Jahr 2014. Krächzend kreisen Raben am Himmel, Flüsse treten über die Ufer. Die Straßen sind leergefegt, der Spielplatz gleicht einem Friedhof, ein Mann hält sich aus Verzweiflung über die steigenden Energiepreise eine Benzinpistole an den Kopf. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten siecht dahin - zumindest in einem Wahlkampfspot von Rick Santorum.

Die Untergangsvision des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers kursiert seit vergangener Woche im Netz, begleitet von Psychothriller-Musik und ausgestattet mit einer Optik, die an Roland Emmerichs Katastrophenfilm 2012 erinnert. Der Titel des Videos: Obamaville. Die Botschaft: Obamaland ist abgebrannt. Wenn Obama in zwei Jahren immer noch regiert, versinken die Vereinigten Staaten im Chaos.

Nur 60 Sekunden dauert der Wahlkampfspot, in dem der erzkonservative Republikaner Santorum mit Ängsten der amerikanischen Bevölkerung spielt: Arbeitslosigkeit, steigende Energiepreise, Atomstreit mit Iran, Finanzkrise, moralischer Verfall.

Der US-Präsident als Staatsfeind

In nur einer Minute prasseln Hunderte Schreckensbilder auf den Zuschauer herab, parallel dazu kommentiert eine tiefe Männerstimme die amerikanische Apokalypse: "Jeden Tag müssen die Bewohner dieser Stadt mit der bitteren Tatsache zurechtkommen, dass ein Schurkenstaat, ein amerikanischer Todfeind, zu einer nuklearen Bedrohung wurde", sagt der Erzähler, während die Kamera an einen Fernseher heranzoomt.

Zu sehen ist Mahmud Ahmadinedschad, der iranische Präsident. Für den Bruchteil einer Sekunde wird Obama eingeblendet. Fast unbemerkt verschmelzen Ahmadinedschad und Obama zu einer Person.

Der US-Präsident als Staatsfeind? Für die Produzenten des "abschreckenden Beispiels" - so bezeichnen sie ihr Werk - ist Obamaville nur der Anfang.

Weitere virale Kampagnenvideos sind bereits produziert. John Brabender, Santorums Berater und Produzent des Videos, kündigte der New York Times zufolge an, dass Obamaville der Trailer zu einer achtteiligen Serie sei, die in der kommenden Woche starte. "Es geht darum, dass unsere Website Traffic bekommt."

Empörung auf Youtube

Auf Santorums Internetpräsenz ist das Video bisher nicht zu finden, auf Youtube hingegen schon. Am 23. März 2012 wurde es auf der Videoplattform hochgeladen, bisher haben es mehr als 100.000 Nutzer angesehen - oder zumindest angeklickt.

Die Begeisterung hält sich dort in Grenzen. Das lassen die Kommentare erkennen, die zwischen Empörung und Ironie schwanken: "Das ist die dümmste Sache, die ich je gesehen habe, abgesehen von allem, was Santorum je getan hat", schreibt ein User. Ein anderer empört sich: "Wo sind all die Schwarzen, die Asiaten, die Lateinamerikaner? Die Minderheiten, die einen großen Teil des Landes bilden?" Und weiter: "Mach das in Europa und du verlierst alle deine Wähler."

Ähnlich klingt das Urteil des Bloggers "The Amazing Atheist", der in einem Youtube-Clip antwortet: "Üblicherweise mache ich mich über dich lustig, Rick Santorum. Aber in diesem Fall: Wie soll das gehen? Alles, was an diesem Video falsch ist, ist sofort für den Zuschauer ersichtlich!" Das Video des Bloggers wurde mehr als 120.000 Mal angeklickt - häufiger als der Original-Spot.

Umstritten ist Obamaville auch in den US-Medien. Mit Blick auf Ahmadinedschad, der sich in Obama verwandelt, spricht das Washingtoner Magazin Politico von einem "aufwieglerischem Detail".

Der Produzent findet das Video nicht überzogen. Nach Angaben der New York Times sagte Brabender mit Blick auf Iran, dass es ein "Fehler" wäre, nicht Alarm zu schlagen und nicht in aufsehenerregender Weise darüber zu berichten.

Was den Zuschauer irritiert - neben der plumpen Dramatisierung - ist die Namensgebung der Kampagne. Titel und Schriftzug erinnern an die US-Fernsehserie Smallville. Darin geht es um den jungen Superman - das ist bestimmt nicht die Assoziation, die Santorum mit Obamaville gerne herbeiführen würde.

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