Amerikanische Söldner:Das jüngste Gerücht

Amerikanische Söldner: Für Moskau wären amerikanische Söldner in der Ukraine ein unbezahlbarer Propagandasieg, für den Westen ein Desaster: die Kontrahenten Wladimir Putin (links) und Barack Obama.

Für Moskau wären amerikanische Söldner in der Ukraine ein unbezahlbarer Propagandasieg, für den Westen ein Desaster: die Kontrahenten Wladimir Putin (links) und Barack Obama.

(Foto: AFP)

Amerikanische Söldner im Osten der Ukraine? Falls diese Vermutung des Bundesnachrichtendienstes tatsächlich wahr sein sollte, wäre das ein Desaster für den Westen. Ein Bürgerkrieg würde so geschürt anstatt verhindert.

Ein Kommentar von Hubert Wetzel

Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist davon überzeugt, dass im Osten der Ukraine etliche Hundert Söldner einer privaten amerikanischen Sicherheitsfirma gegen die prorussischen Separatisten kämpfen. So jedenfalls hat es ein Vertreter des BND vor einigen Tagen im Kanzleramt vorgetragen.

Wer diese Männer genau sind, wer sie beauftragt hat, wer sie bezahlt - und wofür -, scheint unklar zu sein. An ihrer Existenz aber besteht in den Augen des deutschen Auslandsgeheimdienstes offenbar kein Zweifel.

Nun gibt es kenntnisreiche Menschen, die die Aufklärungsfähigkeiten des BND für, sagen wir, wenig beeindruckend halten. Und es mangelt in den ukrainischen Krisenregionen auch nicht an jenen "grünen Männchen", die maskiert und in Tarnuniformen ohne Hoheitsabzeichen herumlaufen. Das soll nicht heißen, dass der BND nicht recht haben könnte und irgendjemand mit genügend Geld - die US-Regierung, die ukrainische Regierung, ein ostukrainischer Oligarch? - der amerikanischen Firma Academi den Auftrag gegeben hat, die Separatisten gewaltsam aus ihren Hochburgen zu vertreiben.

Wenn das so wäre (und dieses Wenn ist sehr groß), dann wäre das für den Westen ein Debakel - ein so gewaltiges und offensichtliches, dass es selbst den skrupellosesten Kriegsstrategen auffallen müsste, bevor sie hineinstolpern. Kaum etwas würde die Glaubwürdigkeit von Europäern und Amerikanern mehr erschüttern als die bestätigte Nachricht, dass amerikanische Söldner für die ukrainische Regierung im Einsatz sind.

Unwissenheit wäre keine glaubhafte Ausrede

Alle diplomatischen Bemühungen, die Krise zu beruhigen, wären damit zum Teufel. Für Moskau wäre das ein unbezahlbarer Propagandasieg, der Westen stünde moralisch nackt da - genauso nackt wie jetzt Russland - als kämpfende Partei in einem Stellvertreterkrieg.

Und das zu Recht: Die Tatsache, dass russische Agenten und Spezialeinheiten die Separatisten unterstützen, kann weder für den Westen noch für Kiew eine Rechtfertigung sein, selbst mit Söldnern einzugreifen. So schürt man den Bürgerkrieg eher, als dass man ihn verhindert.

Auf Unwissenheit könnte der Westen sich wohl nicht glaubhaft herausreden - 400 Kämpfer plus Waffen, Munition und andere Ausrüstung kann auch ein großer internationaler Konzern nicht mal so eben unbemerkt um die halbe Welt transportieren und dann in der Ukraine herumschieben. Zudem würde ein Unternehmen wie Academi - Nachfolger der berüchtigten Söldnerfirma Blackwater - einen so heiklen Auftrag wie den in der Ukraine vermutlich kaum ohne Nachfrage in Washington annehmen. Schließlich verdienen solche Konzerne viel Geld mit Staatsaufträgen.

Gibt es also amerikanische Söldner in der Ostukraine? Wer weiß. Der "Nebel des Krieges" liegt dicht über der Region, und ob der BND eigene Erkenntnisse hat oder nur Gerüchte nachplappert, ist völlig unklar. Sicher ist allenfalls: Wenn Söldner eingesetzt wurden, waren sie ihr Geld nicht wert. Die Ostukraine ist immer noch fest in der Hand der Separatisten.

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