Altersarmut:SPD-Linke rebelliert gegen Gabriels Rentenpläne

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Wie soll der Kampf gegen Altersarmut aussehen? SPD-Parteichef Sigmar Gabriel verteidigt die Beschlüsse der rot-grünen Koalition zur Senkung des Rentenniveaus, strebt zugleich aber eine Mindestzahlung von 850 Euro an.

Susanne Höll, Berlin

Die SPD steht vor einem Disput über den richtigen Weg im Kampf gegen die Altersarmut. Teile der Partei halten die Vorlage von Parteichef Sigmar Gabriel für unzureichend. Dessen Konzept sieht vor, Geringverdienern notfalls mit Steuermitteln ein Altersgeld von 850 Euro zu garantieren und Erwerbsminderungs- sowie Betriebsrenten massiv auszubauen. Der SPD-Vorstand wird an diesem Montag über Gabriels Vorschlag beraten, eine Entscheidung soll in zwei Wochen fallen. Für November ist ein kleiner Parteitag angesetzt.

Der linke Flügel mitsamt dem Gewerkschaftslager und einigen Landesverbänden verlangen eine Abkehr von der zur rot-grünen Regierungszeit veränderten Rentenformel. Sie fordern, dass die gesetzliche Rentenquote von derzeit 51 Prozent des durchschnittlichen Nettolohnes beibehalten wird und nicht bis 2030 auf 43 Prozent sinkt. Gabriel lehnt dies in Absprache auch mit den zwei anderen denkbaren Kanzlerkandidaten, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück, bisher ab. Dafür müssten die Beiträge zur Rentenversicherung 2030 auf 25 statt der bisher geplanten 22 Prozent steigen, die Kosten betrügen mitsamt anderer nötiger Reformen mehr als 40 Milliarden Euro. Dies belaste die jüngere Generation und schade der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, argumentiert Gabriel.

"Fundamental unterschiedliche Ansätze"

Von den Jusos, dem Arbeitnehmerflügel und der Parteilinken kam Widerspruch. Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner warnte in einem Schreiben, "in einer wichtigen Gerechtigkeitsfrage Fehler der Vergangenheit" zu vermeiden. Parteivorstandsmitglied Armin Schild, Frankfurter Bezirksleiter der IG Metall, lobte zwar die Idee einer aus Steuermitteln finanzierten "Solidarrente" sowie die Pläne für höhere Erwerbsminderungsrenten und die Ausweitung der Betriebsrenten. Schild bedauerte aber, dass es beim Niveau von 43 Prozent bleiben soll. Wie die Kontroverse ausgeht, ist offen. Bis hinein in die SPD-Spitze wird es aber für möglich gehalten, dass die umstrittene Zahl 43 fällt.

Gabriel schlägt in seinem Konzept eine Mindestrente von 850 Euro für all jene vor, die 40 Jahre Vollzeit gearbeitet haben. Für Geringverdiener und Beschäftigte mit langer Arbeitslosigkeit, die aber mindestens 30 Jahre Beiträge gezahlt haben, soll die Grundsicherung im Alter durch Steuergeld aufgestockt werden. Die sogenannte Solidarrente wird mit einer Milliarde Euro veranschlagt, mit steigender Tendenz.

Die Union zeigte sich aufgeschlossen für die Ideen. Sie ficht derzeit selbst einen Renten-Zwist aus - über eine aus der Rentenkasse finanzierte Zuschussrente, wie sie Arbeitsministerin Ursula von der Leyen plant. Eine Neuregelung gemeinsam mit der Koalition schloss SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann aber aus. Die Konzepte hätten "fundamental unterschiedliche Ansätze". Die CSU hat derweil eine Alternative zur Zuschussrente vorgelegt. Stufenweise soll die Anerkennung von Erziehungsleistungen besser werden. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer sieht es als "Geburtsfehler" des Rentensystems, dass diese zu wenig einfließen.

© SZ vom 10.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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