Afghanistan:Parlament kippt Karsais Kabinettsliste

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Schwere Niederlage für Präsident Hamid Karsai: Das afghanische Parlament hat 17 von 24 vorgeschlagenen Kabinettsmitgliedern abgelehnt.

Mehr als vier Monate nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat das Parlament in Kabul über die von Staatschef Hamid Karsai nominierten Minister abgestimmt - das Votum wurde zum Fiasko für den Präsidenten.

Umstrittener Staatschef: Hamid Karsai (Foto: Foto: dpa)

Das afghanische Parlament lehnte in geheimer Wahl 17 von insgesamt 24 vorgeschlagenen Kabinettsmitgliedern ab.

Nur sieben Kandidaten seien von den Abgeordneten bestätigt worden, sagte Parlamentspräsident Mohammed Junus Kanoni in Kabul. Darunter sind jedoch die wichtigsten Minister wie die für Inneres und Verteidigung.

Die Entscheidung der Abgeordneten gilt als schwere Schlappe für Präsident Hamid Karsai. Mit der Einsetzung des Kabinetts sollte das monatelange politische Vakuum gefüllt werden, das seit der Wahl im August in Kabul herrscht.

Zu den durchgefallennen Politikern zählt auch Warlord Ismail Chan, dem somit eine zweite Amtszeit als Energieminister verweigert wurde.

Chan war einer von zehn Ministern, die von Präsident Hamid Karsai für eine weitere Amtszeit in seinem 25-köpfigen Kabinett vorgeschlagen worden waren. Chan galt aber als umstritten. Er war während des Bürgerkriegs in Afghanistan Kriegsherr in der Provinz Herat.

Afghanistans einzige Ministerin fällt durch

Seine Nominierung wurde weithin als Belohnung für die Unterstützung gesehen, die Khan Karsai im Präsidentschaftswahlkampf gewährt hatte.

Überraschend war, dass auch die einzige designierte Frau das Vertrauen der Abgeordneten nicht erhielt. Husn Banu Ghasanfar, der scheidenden Ministerin für Frauenangelegenheiten, fehlten zwei Stimmen für den Verbleib im Amt.

Die internationale Gemeinschaft hatte zuvor Druck ausgeübt und darauf gepocht, dass die Ministerkandidaten als möglichst wenig korrupt gelten. Nach Darstellung von Transparency International ist Afghanistan das zweitkorrupteste Land der Welt nach Somalia.

Mit den Personalentscheidungen Karsais, der unter anderem die Zahl der Warlords im Kabinett eingeschränkt hat, zeigten sich westliche Diplomaten insgesamt zufrieden. "Das ist ein Kabinett, mit dem wir arbeiten können", sagte ein ranghoher Diplomat vor der Abstimmung.

Die für Karsai verherrende Abstimmung des Parlaments ist somit auch eine Niederlage für den Westen. Das politische Vakuum in Kabul bleibt vorerst bestehen.

© dpa/AP/AFP/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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