Afghanistan:Deutscher Diplomat besucht Terrorverdächtigen Ahmad S.

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Nach SZ-Informationen sprach ein Diplomat mit dem Deutsch-Afghanen, der wegen Terrorverdachts in Bagram inhaftiert wurde - und von Anschlagsplänen in Europa wissen will.

Nach wochenlangen zunächst erfolglosen Bemühungen haben die USA Deutschland Zugang zu einem in Afghanistan festgehaltenen Terrorverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit gewährt. Ein deutscher Diplomat konnte nach Informationen der Süddeutschen Zeitung am Sonntag in einem Militärgefängnis auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram mit dem 36-jährigen Deutsch-Afghanen Ahmad S. sprechen.

Der aus Hamburg stammende Terrorverdächtige wurde im Juli in Kabul aufgegriffen und in einem Militärgefängnis in Bagram festgehalten. (Foto: AP)

Das Auswärtige Amt bestätigte, dass ein Mitarbeiter Zugang zu dem Mann erhalten habe, nannte aber keine Einzelheiten. Der aus Hamburg stammende Islamist wurde Anfang Juli unter Terrorverdacht in Kabul aufgegriffen und seitdem von US-Spezialisten vernommen.

Jüngste Berichte in US-Medien, wonach Anschläge auf Ziele in London sowie in großen Städten Deutschlands und Frankreichs geplant gewesen seien, waren auf mögliche Aussagen des Deutsch-Afghanen zurückgeführt worden. Das Bundesinnenministerium hatte zurückhaltend auf diese Berichte reagiert und auf das "nachrichtendienstliche Aufkommen", das auf längerfristige Vorhaben schließen lasse, verwiesen.

Deutsche Diplomaten oder Angehörige des Bundesnachrichtendienstes hatten zu diesem Zeitpunkt aber noch keinen Zugang zu dem Deutsch-Afghanen. Hinter den Kulissen war es zwischen der Bundesrepublik und den USA über die konsularische Betreuung des Gefangenen zunächst zu Meinungsverschiedenheiten gekommen.

Ahmad S. wird der sogenannten "Hamburger Gruppe" von Islamisten zugerechnet, die sich im März 2009 Richtung Pakistan und Afghanistan auf den Weg gemacht haben, um sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden in Terrorcamps ausbilden zu lassen. Der Deutsch-Afghane, der in Begleitung seiner Frau an den Hindukusch gereist sein soll, wird der Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU) zugerechnet. Er stammt aus dem Umfeld der mittlerweile geschlossenen Hamburger Taiba-Moschee.

Laut Spiegel traf der deutsche Islamist im Frühsommer die Nummer Drei der al-Qaida, Scheich Junis al-Mauretani in Pakistan. Dabei habe der Scheich über mögliche Anschläge in mehreren europäischen Ländern, darunter Frankreich und Großbritannien, gesprochen. Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden habe die Pläne persönlich gebilligt und einen Teil des dafür nötigen Geldes zur Verfügung gestellt.

USA warnen vor Reisen nach Europa

Am Sonntag warnten die US-Behörden amerikanische Staatsbürger vor Terrorgefahr in Europa. Al-Qaida und ähnliche Terrororganisationen planten weiterhin Anschläge, heißt es in einem am Sonntag veröffentlichten Reisehinweis des Außenministeriums. Es handele sich aber nicht um eine formelle Reisewarnung, hieß es.

Die Regierung weist vor allem auf mögliche Anschläge im öffentlichen Personenverkehr hin. US-Bürger sollten bei Bahn-, Flug- und Schiffsverkehr wachsam sein. In dem Reisehinweis werden keine einzelnen Länder genannt. Auch die britische Regierung warnte vor einer "hohen Bedrohung" durch terroristische Anschläge in Deutschland und Frankreich.

Die entsprechenden Reisehinweise seien "aktualisiert" worden, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Sonntag. Wie in "anderen großen europäischen Ländern", sei die Gefahr eines Terroranschlags in den beiden EU-Ländern derzeit groß. In Deutschland gibt es nach Aussage des Bundesinnenministeriums keine Hinweise auf unmittelbar bevorstehende Anschläge.

Ein Sprecher teilte am Sonntag mit, der Reisehinweis des US-Außenministeriums sei "vor dem Hintergrund der in der vergangenen Woche in den Medien bekanntgewordenen Gefährdungshinweise zu betrachten". Die Bundesregierung sei über das Vorhaben des State Departments vorab informiert worden.

© SZ vom 04.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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