Afghanistan:Bis zu 90 Menschen getötet bei Anschlag auf deutsche Botschaft in Kabul

Lesezeit: 2 min

  • Bei einer Explosion im Diplomatenviertel in Kabul sind mindestens 90 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden.
  • Das afghanische Innenministerium vermutet einen Selbstmordanschlag.
  • Auch Mitarbeiter der deutschen Botschaft wurden verletzt, das Botschaftsgebäude massiv beschädigt.

Bei einem schweren Anschlag nahe der deutschen Botschaft in Kabul sind nach Regierungsangaben mindestens 90 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 400 weitere wurden verletzt. Unter den Toten sind auch ein afghanischer Wachmann der deutschen Botschaft und ein Fahrer des britischen Senders BBC. Die Explosion verletzte zudem mehrere Mitarbeiter der Botschaft, teilte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel mit.

Bilder in sozialen Medien zeigten eine große, graue Staubwolke am Himmel über dem Diplomatenviertel. Auslöser der Explosion soll eine Autobombe gewesen sein. Dem afghanischen Innenministerium zufolge handelte es sich um einen Selbstmordanschlag. Wem der Angriff galt, ist noch nicht klar. Die deutsche Botschaft wurde massiv beschädigt, wie auf Fotos zu sehen ist. An der Frontseite sind Dutzende Fenster eingedrückt. Auch die französische, chinesische und die japanische Botschaft wurden beschädigt, wie die Regierungen der drei Länder mitteilten. Das Hauptquartier der Nato für den Einsatz "Resolute Support" in der Region befindet sich ebenfalls in der Nähe des Explosionsortes. Berichte über Schäden gab es von dort zunächst nicht.

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Der oder die Attentäter könnten die Bombe in einem schwarzen Tanklastwagen für Wasser oder Abwasser deponiert haben, sagte ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums. "Aber weil die Explosion so schwer war, können wir das noch nicht mit Sicherheit sagen. Vom Tanker ist kaum noch etwas übrig." Durch die Wucht der Explosion wurden mindestens 50 Fahrzeuge zerstört oder beschädigt. Im Umkreis von bis zu einem Kilometer zersprangen Fensterscheiben in Gebäuden.

Außenminister Gabriel verurteilte den Anschlag scharf. "Unsere Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer", heißt es in einem auf Twitter verbreiteten Statement. Der Anschlag habe Zivilisten und diejenigen getroffen, "die in Afghanistan sind, um mit den Menschen dort an einer besseren Zukunft für das Land zu arbeiten". Solche Taten änderten nichts an der "Entschlossenheit, die afghanische Regierung bei der Stabilisierung des Landes weiter zu unterstützen". Gabriel berief im Auswärtigen Amt einen Krisenstab ein. Die Bundesregierung sagte wegen des Anschlags einen für den Mittwochabend geplanten Abschiebeflug nach Afghanistan vorerst ab.

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Auch die Nato verurteilte den Anschlag. Der Akt spiegele die "barbarische Natur" der Täter und deren völlige Gleichgültigkeit gegenüber Zivilisten, hieß es aus dem Hauptquartier in Kabul. Zugleich lobte die Nato die lokalen Sicherheitskräfte, die sich dem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug entgegengestellt hätten, bevor dieses mitten im schwer gesicherten Regierungs- und Diplomatenviertel explodierte.

Afghanistans Präsident Aschraf Ghani erklärte: Selbst im heiligen Fastenmonat Ramadan, "dem Monat der Güte, der Segnung und des Gebets", schreckten die Terroristen nicht davor zurück, Unschuldige zu töten.

Die radikalislamistischen Taliban wiesen eine Beteiligung an dem Anschlag zurück. Die Gruppierung lehne "jede Explosion und jeden Angriff gegen Zivilisten ab", so ein Taliban-Sprecher. Ähnliche Anschläge hatte zuletzt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert. Zu der Attacke vom Mittwoch hat sich bislang niemand bekannt.

Ende April hatten die Taliban ihre jährliche "Frühjahrsoffensive" gestartet und ihre Angriffe verschärft. Kabul wird immer wieder Ziel von Anschlägen von radikalislamistischen Attentätern. Anfang Mai waren bei einem Sprengstoffanschlag auf ausländische Soldaten mindestens acht Menschen getötet worden. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich. Im März hatten Angreifer ein Militärkrankenhaus in Kabul gestürmt und mindestens 38 Menschen getötet.

© SZ.de/AFP/AP/dpa/jael/bepe/oko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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