AfD-Vize über Boateng:Gaulands Gerede - saudumm und gefährlich

Alexander Gauland

Alexander Gauland: Der AfD-Vize hatte in einem Interview gesagt, die Leute wollten den Fußballer Boateng nicht als Nachbarn haben.

(Foto: dpa)

Die AfD betreibt das Spiel mit der Provokation - nun am Beispiel des Fußballnationalspielers Boateng. Und schon ist die Partei wieder da, wo sie am liebsten ist: im Gespräch.

Kommentar von Heribert Prantl

Wenn widerliches Reden per se eine Straftat wäre, dann wäre Alexander Gauland ein Straftäter. Aber Meinungsfreiheit ist grundsätzlich auch die Freiheit der Rassisten; und es gehört auch zu dieser Freiheit, das rassistische Reden anschließend wieder zu leugnen; das dürfen Straftäter so halten und Nicht-Straftäter auch. Der AfD-Vize hatte sich, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete, über den deutschen Fußballnationalspieler Jérôme Boateng abfällig geäußert.

Ein solches Reden kurz vor Beginn der Europameisterschaft setzt die Hetze der NPD aus dem WM-Jahr 2006 fort. Die hatte damals über einem Trikot mit Nummer 25 des schwarzen Nationalspielers Patrick Owomoyela den Satz plakatiert: "Weiß, nicht nur eine Trikotfarbe - für eine echte Nationalmannschaft". Drei NPD-Funktionäre waren in zweiter Instanz freigesprochen worden, von Meinungsfreiheit war in der Urteilsbegründung die Rede; vor Gericht forderte der NPD-Vorsitzende damals das Abstammungsprinzip für die Nationalmannschaft. Schon früher hatte ein anderer NPD-Funktionär den Nationalspieler Mesut Özil als "Plaste-Deutschen, einen Ausweis-Deutschen" beschimpft.

Saudumm - und gefährlich

Das Mildeste, was dazu zu sagen ist, ist ein variierter Satz aus der Arzneimittelwerbung: Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie die Kriminalstatistik. Saudummes Gerede ist nicht einfach nur saudumm; es ist gefährlich; es kann die Volksverhetzung-Schwelle überschreiten. Es kann neue Hetze und neue Gewalt provozieren. Die NPD macht das ungeniert. Die AfD macht das geschickter und subtiler.

Die Partei betreibt ein bösartiges Spiel mit der Provokation, sie nutzt es als Arbeits- und Werbeprinzip: Der eine AfD-Mensch pflegt die subtile Hetze, er selbst oder ein anderer AfD-Mensch widerspricht dann wieder. Und schon ist die Partei wieder dort, wo sie am liebsten ist: im Gespräch. Aber das Gift ist da und bleibt da. Und wer sich darüber entsetzt, wird dann darauf verwiesen, dass man sich doch davon distanziert habe.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat soeben erklärt, dass er keinen Grund sehe, die AfD zu beobachten; das muss auch wirklich nicht sein, weil das Treiben der AfD ja ohnehin für jeden offenkundig ist. Aber man darf schon daran erinnern, dass das Treiben der PDS und ihrer Funktionäre den staatlichen Verfassungsschutz sehr viel mehr umgetrieben hat.

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