US-Grenzer erschießen jungen Mexikaner:Mit Gewehren gegen Steine

Lesezeit: 2 min

Ein 14-jähriger Mexikaner wird von US-Grenzbeamten erschossen - angeblich weil er beim Grenzübertritt mit Steinen warf. Die Angehörigen sprechen von Hinrichtung.

Katarina Lukac

"Er hat meinem Kind zwei Kugeln in den Kopf gejagt, meinem Baby", klagt Jesús Hernández sein Leid im Radio. Kurz zuvor ist sein 14-jähriger Sohn Sergio von einem US-Grenzposten erschossen worden. Der Junge wollte in Ciudad Juárez illegal die Grenze nach El Paso im US-Bundesstaat Texas überqueren und hatte Grenzbeamte mit Steinen beworfen - soweit die Version der US-Behörden. Anders dagegen die Schilderung mexikanischer Augenzeugen, die die spanische Tageszeitung El País veröffentlichte: Sergio sei von US-Grenzposten regelrecht hingerichtet worden, als er beim Spielen aus Neugierde einen Betonkanal des Grenzflusses Rio Bravo betrat.

Ein Angehöriger hält ein Foto von Sergio Adrián Hernández in der Hand. Der Junge wurde in seinem Fußballtrikot beigesetzt. (Foto: ap)

Die Leiche des Jungen blieb unter einer Brücke auf der mexikanischen Seite der Grenze liegen, vor den Augen Dutzender Menschen, darunter Kindern, berichtete El País. Er sei in seinem Fußballtrikot beigesetzt worden.

Die Mexikaner sind empört über das rabiate Vorgehen ihrer reichen Nachbarn. Selbst wenn der Jugendliche illegal die Grenze habe übertreten wollen, bedeute der Einsatz von Waffen gegen Steinangriffe "einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt", erklärte das mexikanische Außenministerium. Es verwies zudem darauf, dass in diesem Jahr bereits 17 Mexikaner an der Grenze von US-Grenzbeamten getötet oder verletzt wurden. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt zwölf, 2008 nur fünf Opfer.

Erst in der vergangenen Woche hat der Tod von Anastasio Hernández Rojas Kritik an den Methoden der US-Grenzpolizei ausgelöst. Der 32-Jährige starb, nachdem ihn US-Beamte beim illegalen Überqueren der Grenze in der Nähe von San Diego aufgegriffen hatten. Als er sich zur Wehr setzte, versetzte ihm ein Polizist einen Schlag mit einem Knüppel, ein weiterer streckte ihn mit einer Elektroschockpistole - einem sogenannten Taser - nieder. Kurz darauf brach der Mexikaner tot zusammen.

Hernández war fünf Monate zuvor aus den USA ausgewiesen worden, berichtete die New York Times. Er hatte seit seinem 14. Lebensjahr in San Diego gelebt, seine fünf Kinder kamen in den USA zur Welt. Der Vorfall werde noch vom FBI untersucht.

Sergios Mutter (re.) trauert um ihren Sohn. Seine Familie beteuert, dass der 14-Jährige lediglich an der Grenze gespielt hatte - und gar nicht vorhatte, sie zu überqueren. (Foto: afp)

Der jetzt getötete 14-Jährige hatte sein Leben noch vor sich. Sergios Eltern beteuern, dass er gar nicht vorhatte, in die USA auszuwandern. Seine Schwester María sagte, ihr liege ein Video vor, auf dem US-Grenzbeamte bei der Vernichtung von Beweismitteln zu sehen seien. Die Amerikaner hätten versucht, die abgefeuerten Patronenhülsen auf mexikanischer Seite einzusammeln, bevor sie von mexikanischen Grenzbeamten zum Rückzug aufgefordert wurden, sagte sie El País.

Ihr verzweifelter Vater wandte sich noch im Leichenschauhaus an Mexikos Präsidenten Felipe Calderón: "Ich fordere Herrn Calderón auf, wenn er denn das Sagen hat, sich anzuschauen, was hier passiert. Ansonsten ist er entweder blind oder er sieht nicht hin."

Ein Sprecher der US-Grenzpolizei bestätigte den Vorfall - mehr nicht.

© AFP/sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: