Übergriffe:Silvester in Köln: Innenminister Jäger bestreitet Vertuschung

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  • Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger hat vor dem Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht in Köln keine eigenen Fehler eingeräumt.
  • Es habe keinen Versuch gegeben, das Ausmaß der Übergriffe im Nachhinein zu vertuschen.
  • "Ich bleibe dabei: Dieses Phänomen war im Vorfeld nicht vorhersehbar", sagte Jäger zur Planbarkeit des Einsatzes.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger hat im Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht bestritten, dass das Ausmaß der Vorfälle vertuscht werden sollte. Dieser Vorwurf sei "aus der Luft gegriffen", sagte der oberste Polizeichef des Landes, der sich vor dem Gremium für den Polizeieinsatz zur Jahreswende zu verantworten hat.

Die Dimension der sexuellen Übergriffe auf Frauen und Raubstraftaten sei in den ersten Tagen nach den Vorfällen "weder der Polizei in Köln noch der Bundespolizei noch meinem Ministerium bekannt" gewesen, sagte der SPD-Politiker.

Kritik am Ex-Polizeipräsidenten

Das Einsatz-Fiasko ist aus Jägers Sicht nicht auf Planungsversäumnisse seines Ministeriums zurückzuführen. Er selbst sei mit den Vorbereitungen des Polizei-Einsatzes nicht befasst gewesen, sagte der Minister. "Ich bleibe dabei: Dieses Phänomen war im Vorfeld nicht vorhersehbar", sagte Jäger in einer Erklärung zu Beginn der Sitzung.

Stattdessen bekräftigte er seine Kritik an der Kölner Polizeiführung. Sie habe den Einsatz im Vorfeld unterschätzt, dann zu spät auf die Eskalation am Kölner Hauptbahnhof reagiert und keine Verstärkung angefordert, sagte der Minister. Den damaligen Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers hatte er schon im Januar ablösen lassen. Trotz Aufforderung aus dem Ministerium habe Albers tagelang nicht dem Eindruck entgegengewirkt, die Herkunft nordafrikanischer Tatverdächtiger solle verschleiert werden, sagte Jäger.

Silvesternacht
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Ein Beamter der Landesleitstelle habe gefordert, eine Vergewaltigungsmeldung zu stornieren, sagt ein Kriminalhauptkommissar vor dem Untersuchungsausschuss. Von einem Vertuschungsversuch will er nicht sprechen.

"Schlag in die Magengrube"

Interviews von überfallenen Frauen hätten ihn "tief bewegt", sie seien für ihn ein "Schlag in die Magengrube" gewesen, zitierte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung aus Jägers Erklärung zu Beginn der Anhörung. Ihn, der auch Vater und Ehemann ist, habe die "kalte Wut" gepackt. Auch wenn eine solche emotionale Reaktion nicht von einen Innenminister erwartet werde: "Man ist immer nur Mensch."

Jäger beteuerte demnach, die Vorgänge der Silvesternacht "souverän" und "lückenlos" aufklären und "Fehler benennen" zu wollen.

Widersprüchliche Zeugenaussagen

In der Silvesternacht waren Hunderte Frauen am Kölner Hauptbahnhof von Männergruppen drangsaliert, beraubt und belästigt worden - auch Vergewaltigungen wurden angezeigt. Ein großer Teil der Beschuldigten ist nach Erkenntnissen der Ermittler nordafrikanischer Herkunft. Ihre Vorgehensweise - Raub verknüpft mit sexuellen Übergriffen innerhalb eines Männerkessels - war in diesem Ausmaß neu für die deutschen Sicherheitsbehörden.

In der Tatnacht bekam die Polizei nach eigenen Aussagen kaum etwas mit und erkannte die Dimension der massenhaften Übergriffe nicht. Bisherige Zeugenaussagen von Vertretern verschiedener Polizeibehörden und der Stadt zeichneten ein chaotisches Bild von Zuständigkeitswirrwarr und Kommunikationsdefiziten.

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