Tübingen:Vier Männer wegen gemeinschaftlicher Vergewaltigung vor Gericht

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Sie sollen ihr Opfer beim Rauchen auf einer Party in Tübingen angesprochen, in eine dunkle Ecke gelockt und dann missbraucht haben.

Mutmaßliche Vergewaltiger vor Gericht

Mehrere Männer, die eine offensichtlich angetrunkene Frau auf einer Party ansprechen, sie unter einem Vorwand in eine dunkle Ecke locken und dann zusammen missbrauchen: Einen solchen Fall hatte es bis dahin nicht gegeben in Tübingen, einer Studentenstadt, die nicht im Ruf steht, ein Hort der Kriminalität zu sein.

Ende März hatte sich die Tat ereignet, einen Monat später wurden vier Verdächtige festgenommen. Jetzt müssen sie sich vor dem Landgericht in Tübingen wegen gemeinschaftlich begangener Vergewaltigung verantworten.

Widersprüchliche Aussagen in den Vernehmungen

Der Fall wird vor einem Jugendgericht verhandelt, denn drei der Männer waren zur Tatzeit jünger als 21 Jahre. Bei den polizeilichen Vernehmnungen haben sie widersprüchliche Angaben gemacht. Einige haben ausgesagt, dass die Frau mit dem Sex einverstanden gewesen sei, andere bestritten die Tat gänzlich.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung beantragten am Donnerstag, dass der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wird. Die Intimsphäre ihrer Mandantin müsse geschützt werden, sagte die Anwältin des Opfers. Die Frau sei "psychisch extrem belastet". Die Staatsanwältin begründete ihren separaten Antrag damit, dass das Verfahren den Beschuldigten nicht als öffentliche Bühne dienen soll. "Man muss die Angeklagten vor sich selbst schützen."

Der Tathergang gemäß Anklageschrift

Die Anklage geht davon aus, dass zwei der Männer das Opfer an jenem Abend kurz nach Mitternacht angesprochen haben. Die 24-Jährige soll sich zu diesem Zeitpunkt allein im Raucherbereich aufgehalten haben. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Täter gezielt handelten, der Entschluss für die Vergewaltigung also von Anfang an feststand. Den Männern sei es gelungen, die Frau zu überreden, mit ihnen auf das Gelände einer nahegelegenen Realschule zu kommen. Dort hätten mehrere Komplizen gewartet ( hier die Pressemitteilung kurz nach der Anklageerhebung im August).

Die Polizei kam einem der Täter durch eine DNA-Probe vom Tatort auf die Spur. Das Genmaterial war im Zusammenhang mit einer anderen Straftat bei der Polizei registriert. Zeugenaussagen führten die Ermittler dann zu den anderen Männern. Alle stammen aus der Umgebung.

Kurz nachdem das Verbrechen im April bekannt wurde, bemühten sich Staatsanwaltschaft und Polizei Medienberichten entgegenzutreten, in denen von einer "Gruppenvergewaltigung" die Rede war. "Diese Wörter haben weder wir noch die Polizei je benutzt", sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft damals. Diese Begriffe weckten sofort die Assoziation, in Tübingen ereigneten sich ähnliche Dinge wie in Indien, wo es in den vergangenen Jahren immer wieder zu äußerst brutalen Übergriffen gekommen war, bei denen mehrere Frauen getötet wurden.

Die Tat im März ist ein Einzelfall - das wollen die Ermittler deutlich machen. Im Prozess muss jetzt die "individuelle Tatbeteiligung" der Angeklagten geklärt werden, oder wie es der Staatsanwaltschafts-Sprecher im April ausdrückte: "Wir wollen wissen, wer was genau an diesem Abend getan hat".

Ein Urteil wird für Ende November erwartet.

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