Absichtliche Abstürze in der Luftfahrt:Wenn Unschuldige mit in den Tod gerissen werden

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Ein Teil des zerstörten Flugzeugwracks in den französischen Alpen. (Foto: REUTERS)

150 Menschen kommen ums Leben, weil eine einzelne Person ein Flugzeug absichtlich zum Absturz bringt? Eine solche Tragödie ist extrem selten, dennoch gibt es ähnliche Fälle wie den Germanwings-Flug 4U9525.

Von Dominik Fürst

Wenn sich die Erkenntnisse der französischen Staatsanwaltschaft erhärten, hat der Copilot der Germanwings-Maschine mit der Flugnummer 4U9525 das Flugzeug über Südfrankreich absichtlich zum Absturz gebracht. 150 Menschen kamen ums Leben, offenbar weil es ein Einzelner so wollte.

Tragödien wie diese sind in der Luftfahrt extrem selten, dennoch sind Fälle bekannt, bei denen Passagiere und Crew ums Leben kamen, weil eine einzelne Person an Bord das jeweilige Flugzeug bewusst zum Absturz brachte. Addiert waren es seit 1964 mindestens 525 Menschen, die auf eine solche Weise ums Leben kamen. Nach der jüngsten Tragödie wächst die Zahl auf 675. Eine Übersicht:

Absturz von Flug 4U9525
:"Er hat die ganze Zeit kein Wort gesprochen"

Als der Kapitän das Cockpit verlässt, übernimmt Andreas Lubitz das Kommando. Er schließt sich in und leitet den Sinkflug ein - offenbar bewusst, davon geht die Marseiller Staatsanwaltschaft aus.

Von Paul Munzinger
  • 1964 stürzt ein Pacific-Airlines-Flugzeug vom Typ F-27 in Kalifornien ab, nachdem ein Passagier mit einer Handfeuerwaffe zunächst den Kapitän und den Copiloten und anschließend sich selbst erschoss. 44 Menschen kommen ums Leben.
  • 1976 steuert ein sowjetischer Pilot eine Antonow An-2 in einen Wohnblock in Nowosibirsk, wo seine Ex-Frau lebt. Zwölf Menschen sterben.
  • 1979 stiehlt ein 23-jähriger Mechaniker eine Maschine vom Typ Avro 748 in Bogota, Kolumbien, und stürzt sie in eine Wohngegend. Vier Menschen kommen ums Leben.
  • 1982 lässt der psychisch labile Kapitän eines Japan-Airlines-Fluges die Maschine vom Typ Douglas DC-8 beim Landeanflug auf den Flughafen Tokio-Haneda abstürzen. Der Copilot kann den Absturz nicht mehr verhindern, 24 Menschen sterben, 150 überleben.
  • 1987 stürzt in Kalifornien ein Flugzeug der Pacific Southwest Airlines ab, nachdem ein Passagier, ein ehemaliger Mitarbeiter der Fluggesellschaft, beide Piloten und weitere Mitglieder der Besatzung erschoss. 43 Menschen kommen ums Leben.
  • 1994 stürzt der Kapitän einer ATR-42 der Royal Air Maroc sein Flugzeug in Marokko offenbar absichtlich gegen einen Berg. 44 Menschen kommen dabei ums Leben.
  • 1997 kracht eine Boeing 737 der Silk Air in Indonesien in einen Fluss, nachdem der Erste Offizier das Cockpit verlassen hat. 104 Menschen kommen ums Leben.
  • 1999 führt die amerikanische Flugsicherheitsbehörde NTSB den Absturz einer Boeing 767 der Egyptair auf einen der Piloten zurück. 217 Menschen sterben.
  • Im November 2013 kommen bei einem Absturz eines mosambikanischen Embraer-Jets in Namibia 33 Menschen ums Leben, der Kapitän soll den Absturz absichtlich herbeigeführt haben.

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 herrschen besondere Sicherheitsvorkehrungen in Flugzeugen. Die Tür zum Cockpit ist seither von außen praktisch verschlossen. Crew-Mitglieder müssen einen Code eingeben, um ins Cockpit zu gelangen, die Piloten müssen die Tür dann entriegeln. Auch ein Notfallcode ist der Crew bekannt, doch offenbar konnte im Fall der abgestürzten Germanwings-Maschine der Copilot die Tür von innen verschlossen halten, selbst wenn außen der Notfallcode eingegeben worden sein sollte.

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