Südafrika:Staatsanwaltschaft will Pistorius-Urteil anfechten

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Oscar Pistorius wurde vor einer Woche zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. (Foto: AP)
  • Nach dem Urteil gegen den südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius hat die Staatsanwaltschaft angekündigt, in Berufung zu gehen.
  • Die Anklagebehörde werde gegen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung und das Strafmaß von fünf Jahren vorgehen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
  • Gibt Richterin Thokozile Masipa dem Antrag wie zu erwarten statt, könnte der Berufungsprozess schon in einigen Monaten beginnen.
  • Ein zentraler Diskussionspunkt dürfte die Frage nach dem Vorsatz sein.

Staatsanwaltschaft will Urteil und Strafmaß anfechten

Südafrikas oberste Strafverfolgungsbehörde legt Berufung gegen das Urteil im Fall Oscar Pistorius ein. Sie kündigte an, sowohl den Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung als auch das Strafmaß von fünf Jahren Haft anfechten zu wollen. Zu diesem Schluss sei man nach Beratungen gekommen, erklärte ein Sprecher der Nationalen Strafverfolgungsbehörde NPA am Montag.

Pistorius hatte seine Freundin, das 29-jährige Model Reeva Steenkamp, in der Nacht zum 14. Februar 2013 durch die verschlossene Toilettentür in seinem Haus erschossen. Vier Schüsse gab er ab - nach eigenen Angaben in dem Glauben, hinter der Tür befinde sich ein Einbrecher. Damit habe sich der 27-Jährige fahrlässig verhalten, urteilte der High Court von Pretoria bereits am 12. September und sprach ihn der fahrlässigen Tötung schuldig. Vom Vorwurf des Mordes beziehungsweise des Totschlags wurde Pistorius allerdings freigesprochen.

Mutter von Reeva Steenkamp
:"Sie hatte sich entschieden, Oscar in dieser Nacht zu verlassen"

Reeva Steenkamp wollte sich von ihrem Freund Oscar Pistorius trennen - deshalb soll er sie erschossen haben: Die Mutter der Getöteten erhebt in ihrem Buch schwere Vorwürfe. Doch wie steht es um den Gehalt dieser Aussagen?

Von Felicitas Kock

Berufung auf Grundlage von Gesetzen

Welche Möglichkeiten es in Südafrika gibt, die Entscheidung eines High Court anzufechten, hatte der südafrikanische Jurist Wiliam Booth vor dem Urteil im Gespräch mit Süddeutsche.de erläutert: Die Staatsanwaltschaft, sagte Booth, "kann in die nächste Instanz gehen, wenn sie das Strafmaß für zu gering hält", erläutert Booth. "Oder, wenn sie zur Überzeugung gelangt, dass die Richterin ein Gesetz falsch ausgelegt hat."

Diskussion um Vorsätzlichkeit

Debatten und Kritik hatte zum Beispiel die Art und Weise ausgelöst, wie Richterin Thokozile Masipa den Rechtsgrundsatz des dolus eventualis - des Eventualvorsatzes - in ihrer Urteilsbegründung interpretierte ( Lesen Sie hier mehr dazu). Heiko Braun, Rechtsanwalt in Johannesburg, erwartet, dass sich der Berufungsprozess vorranging um die Frage nach der Vorsätzlichkeit beziehungsweise Fahrlässigkeit von Pistorius drehen dürfte.

Richterin Masipa entscheidet über Berufung

Dasselbe Gremium wie im ursprünglichen Prozess - Richterin Thokozile Masipa und ihre beiden Assessoren - muss nun in den kommenden Wochen darüber entscheiden, ob die Berufung zugelassen wird. Gibt Masipa dem Antrag statt - womit Beobachter rechnen - könnte der Berufungsprozess schon in einem halben Jahr beginnen.

Pistorius seit knapp einer Woche in Haft

Für den Tatbestand der fahrlässigen Tötung sieht das südafrikanische Strafrecht keine Mindeststrafe vor. Die Anklage hatte aber auf eine harte Strafe gepocht - und mindestens zehn Jahre Freiheitsentzug gefordert. Die Verteidigung hielt dagegen, mit drei Jahren Hausarrest und Sozialstunden sei Pistorius genug gestraft. Die Richterin entschied sich für einen Mittelweg.

Pistorius war am vergangenen Dienstag zu fünf Jahren Haft verurteilt und sofort inhaftiert worden. Seit einer knappen Woche sitzt der 27-jährige Profisportler nun im Gefängnis Kgosi Mampuru II in Pretoria. Wie lange er dort bleiben muss, ist aber noch unklar. Einen Teil seiner Strafe, so viel galt zumindest bislang als sicher, wird er im Hausarrest verbringen dürfen.

Aussichten für Pistorius

Dass der Athlet wegen fahrlässiger Tötung und in der Folge zu einer relativ milden Strafe verurteilt wurde, hat viele Beobachter überrascht. Es ist daher zu erwarten, dass ein Gericht in zweiter Instanz mindestens zu demselben Schluss kommt - falls es Pistorius nicht wegen Totschlags oder Mordes verurteilt. Seine Aussichten auf eine geringere Strafe als die aktuelle sind dementsprechend schlecht.

© SZ.de/dpa/AFP/afis/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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