Strafprozess:Skandalarzt steht in den Niederlanden vor Gericht

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In den Niederlanden beginnt einer der größten Strafprozesse gegen einen Mediziner: Der Neurologe Ernst J. muss sich vor Gericht verantworten, weil er Dutzenden Patienten absichtlich falsche Diagnosen gestellt haben soll. Die Vorwürfe der Anklagebehörde lesen sich wie das Drehbuch zu einem Horrorfilm.

Es sind schreckliche Vorwürfe: falsche Diagnosen, sinnlose Therapien und unnötige Hirn-Operationen. 20 Jahre praktizierte der niederländische Neurologe Ernst J. nahezu ungestört, nun muss er sich vor Gericht verantworten. Am Montagmorgen hat im niederländischen Almelo der Prozess gegen den Mann begonnen. Es dürfte der bisher größte medizinische Strafprozess der Niederlande werden.

Die Vorwürfe der Anklagebehörde gegen J. lesen sich wie das Drehbuch zu einem Horrorfilm: Von Anfang der 90er Jahre bis 2003 soll er am Krankenhaus Medisch Spectrum Twente bei mehr als 200 Patienten falsche Diagnosen gestellt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft J. vor, die Fehler absichtlich gemacht und so Dutzenden Menschen unheilbare Krankheiten wie Alzheimer oder Multiple Sklerose angedichtet zu haben.

Laut Staatsanwaltschaft erlitten vielen Patienten durch die mutmaßlichen Fehldiagnosen bleibende körperliche und psychische Schäden, eine Frau beging Selbstmord. Für den Prozess wählte die Staatsanwaltschaft neun Fälle aus. Außerdem klagt sie J. wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und Unterschlagung an. Er soll auch unerlaubte Obduktionen und Gehirnoperationen ausgeführt haben.

Gefängnisstrafe von bis zu zwölf Jahren

Der Arzt war 2003 vom Krankenhaus in Enschede entlassen worden. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu zwölf Jahren. Die Motive des Mannes geben den Ermittlern noch immer Rätsel auf. Der Angeklagte hat alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Die Vorwürfe seien nicht richtig und unbewiesen. Die Medien kriminalisierten ihn, klagte er im Gespräch mit einer Zeitung.

Der Prozess wirft auch die Frage auf, ob die Aufsichtsbehörden versagt haben. Bis Jahresbeginn praktizierte J. trotz seiner Entlassung in den Niederlanden an deutschen Kliniken, darunter in Heilbronn und Worms. Dort wurde ebenfalls Anzeige erstattet. Um die deutschen Fälle geht es in Almelo aber nicht.

© Süddeutsche.de/dpa/pauk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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