Prozess im Fall Mirco:Lückenhaftes Geständnis

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Zwar hat der mutßmaßliche Mörder des zehnjährigen Mirco aus Grefrath die Tat gestanden - doch seine Motive und die genauen Umstände sind noch unklar. Das Gericht ermahnt nun den Angeklagten, Auskunft zu geben - und findet deutliche Worte.

Der mutmaßliche Mörder des 10-jährigen Mirco hat nach Ansicht des Krefelder Landgerichts bisher nur ein lückenhaftes Geständnis abgelegt. "Es bestehen ernsthafte Zweifel, ob das alles war, was es zu gestehen gibt", sagte der Vorsitzende Richter Herbert Luczak. Dies werde Einfluss auf das Strafmaß und die Frage der besonderen Schwere der Schuld haben.

Mit Blumen, Kerzen und Stofftieren erinnerten die Grefrather an den ermordeten Mirco. (Foto: dpa)

"Lebenslang kann tatsächlich lebenslang sein. Glauben sie nicht, lebenslang sind nur 15 Jahre - das ist falsch", sagte Luczak an den angeklagten Olaf H. gerichtet. Zuvor hatte eine Zeugin ausgesagt, dass ein verdächtiges Auto schon mehr als zwei Stunden vor der Entführung an der Stelle geparkt habe, an der Mirco gekidnappt wurde. Der Angeklagte Olaf H. hatte gesagt, die Tat sei spontan gewesen. Er habe an der Stelle nur kurz angehalten, um auszutreten, als Mirco angeradelt kam.

Zweifel an den verschiedenen Geständnis-Versionen äußerte auch ein Vernehmungsbeamter: "Es ist der Eindruck geblieben, dass nicht alles gesagt wurde", sagte er im Zeugenstand. Olaf H. habe bei der Vernehmung oft minutenlang nachgedacht, bevor er eine Antwort gegeben habe. Er sei meist emotionslos, distanziert und seltsam gewesen. So auch, als er die Ermittler zur Leiche des Jungen geführt habe.

Rekonstruktion im Videofilm

Mircos Eltern waren erneut in den Gerichtssaal gekommen und folgten dem gesamten Verhandlungstag. Sie sahen sich auch den 52-minütigen Videofilm an, mit dem die Polizei die Fahrstrecke des mutmaßlichen Kindermörders und damit den letzten Weg Mircos rekonstruierte. Ein Helikopter hatte die Eskorte begleitet und die Strecke auch aus der Luft gefilmt.

Demzufolge war der 45-Jährige nach der Entführung 24 Minuten im Auto mit dem Kind unterwegs, bis er zu dem Waldstück kam, in der er den Jungen ermordet haben soll und in dem fünf Monate später die Leiche entdeckt wurde. Der Polizist sagte aus, dass man dem Angeklagten auch über Handydaten auf die Schliche gekommen sei, mit denen man ein Bewegungsbild zur Tatzeit erhalten habe.

Möglicherweise wurde dies durch einen Verstoß gegen das Verbot der Vorratsdatenspeicherung ermöglicht. "Das hätte man rügen können", sagte Verteidiger Gerd Meister auf dpa-Anfrage. Inzwischen spiele dies aber keine Rolle mehr.

Der zehnjährige Mirco war am 3. September 2010 auf dem Nachhauseweg entführt und ermordet worden. Zeugen hatten am Ort des Entführung auf einem dunklen Feldweg zur fraglichen Zeit einen VW Passat Kombi beobachtet, wie ihn der Angeklagte fuhr. Die Polizei hatte Monate später in dem damaligen Dienstwagen von Olaf H. Faserspuren von Mircos Kleidung gefunden. DNA an Mircos Kleidung stimmte zudem mit der des Angeklagten überein.

Der ehemalige Telekom-Mitarbeiter war dreimal verheiratet und ist mehrfacher Vater. Bis zu seiner Festnahme wohnte Olaf H. unauffällig in einer Eigenheim-Siedlung in Schwalmtal bei Mönchengladbach, 17 Kilometer südlich von Mircos Wohnort Grefrath.

Der Prozess wird am 12. August fortgesetzt.

© sueddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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