Norwegen:Ermittler decken Pädophilen-Netzwerke in Norwegen auf

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Mindestens 51 beschuldigte Männer sollen kinderpornografische Filme und Bilder im Internet ausgetauscht, Vergewaltigungen geplant und Minderjährige vor laufender Kamera missbraucht haben.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Monatelang hatte die norwegische Polizei ermittelt, jetzt weiß das ganze Land von der Operation "Dark Room": Mehrere Pädophilen-Netzwerke haben die Ermittler in Norwegen aufgedeckt, jeden Tag werden neue grausige Details bekannt. Anfang dieser Woche gab es bereits 51 Beschuldigte, ausschließlich Männer, und die Polizei geht von weiteren Tätern aus. Die Verdächtigen sollen kinderpornografische Filme und Bilder im Internet ausgetauscht, Vergewaltigungen geplant und Minderjährige vor laufender Kamera missbraucht haben.

Die Männer haben sich dazu im Darknet abgesprochen, in dem sie anonym und über verschlüsselte Internetverbindungen kommunizieren können. Mehr als 5000 Benutzerkonten haben die Ermittler dort gefunden und rechnen damit, weitere Täter zu identifizieren.

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Der Software-Konzern Google untersucht automatisch sämtliche E-Mails, die von oder an Gmail-Konten geschickt werden. Einem Mann in Texas wurde das jetzt zum Verhängnis: Nachdem er drei verdächtige Bilder gemailt hatte, zeigte Google ihn an.

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"Die Sache ist erschreckend groß", sagte die Leiterin der Ermittlungen Hilde Reikrås dem norwegischen Fernsehen NRK. Die meisten der bisher Beschuldigten leben im Raum Bergen. Dort soll ein 23 Jahre alter Student eine zentrale Rolle in dem Pädophilen-Ring gespielt haben, er sitzt in Isolationshaft. Sein Vater, ein Polizist, wurde erst diese Woche suspendiert. Auch er soll kinderpornografisches Material besessen haben. Mittlerweile sind die meisten Polizeidistrikte Norwegens an der Operation beteiligt. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Ermittler in Romerike in Südnorwegen 34 weitere mutmaßliche Täter entdeckt haben.

Unter den Opfern seien auch Säuglinge, so die Beamten

Viele der Beschuldigten sind laut Polizei gut ausgebildet, unter ihnen seien ein Jurist, zwei Politiker, ein Kindergartenmitarbeiter. Einer der Männer habe bereits zugegeben, seine eigenen Kinder missbraucht zu haben. Die meisten der Opfer stammen aus Norwegen, einige sind bereits identifiziert. Ein Fall betrifft Kinder von den Philippinen. Das Material, das die Polizei gesammelt hat, umfasst Videos, Fotos und Gesprächsprotokolle. Unter den Opfern seien auch Säuglinge, so die Beamten.

Eines der Beispiele, die öffentlich wurden, ist ein Chat zwischen zwei Männern. Über das Internet verabreden sie sich dazu, ein etwa zehnjähriges Mädchen zu entführen, zu vergewaltigen und sich dabei zu filmen. Sie diskutieren dort auch, wie sie das Kind danach zum Schweigen zwingen wollen. "Das sind die Dinge, von denen man wünscht, dass es sie nicht gibt", sagte Ministerpräsidentin Erna Solberg, nachdem sie von den Ermittlungen erfahren hatte.

Ein Fall soll die Operation "Dark Room" im Herbst 2015 ins Rollen gebracht haben: Die Lokalzeitung Bergens Tidende berichtet von einer Mutter, die damals einen 22-jährigen Mann aus Bergen anzeigte, der sich an ihrer 14-jährigen Tochter vergangen hatte. Auf dem Rechner des Mannes fand die Polizei die ersten Hinweise auf das Netzwerk. Seither wurden alleine im westlichen Polizeibezirk um Bergen 20 Männer verhaftet.

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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