Marienkäferplage an der Ostsee:Die rote Ostsee

Touristenschreck: Sein Image als putziger Lausvertilger ist der Marienkäfer plötzlich los. Der Krabbler ist an den Stränden der Ostsee zur Plage geworden.

Die Gäste sehen rot. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Urlauber, die die Sommerferien an der Ostsee verbringen sind derzeit genervt und angeekelt, wenn sie ein Bad im Meer nehmen wollen. Der Grund: Unmengen von Marienkäfern sitzen auf Strandkörben, Liegen, Gehwegen, Booten und Pfosten. In vielen Orten der Lübecker Bucht, aber auch im westlichen Mecklenburg-Vorpommern schwirren Millionen der eigentlich als Glücksbringer geltenden Käfer umher.

Marienkäferplage an der Ostsee: Millionen Marienkäfer vergraulen die Ostseestrand-Touristen.

Millionen Marienkäfer vergraulen die Ostseestrand-Touristen.

(Foto: Foto: dpa)

Vor allem Urlauber mit kleinen Kindern fühlen sich von den Marienkäfern gestört. In Travemünde breitet eine Mutter eine Stoffwindel über den Kinderwagen, um ihr sieben Monate altes Baby vor den Insekten zu schützen. "Wir sind vom Strand geflüchtet, weil die Biester unserer Kleinen ständig im Gesicht rumgekrabbelt sind", sagt sie. Wenige Schritte weiter tröstet eine Mutter ihren weinenden Sohn, weil die roten Käfer mit den schwarzen Punkten sein Eis am Stiel umschwirren, das er eigentlich essen möchte. "Die tun dir nichts", beruhigt sie den Vierjährigen.

Die Tiere sind ungefährliche, aber nicht unbedingt angenehme Strandgäste: Wenn sie sich bedroht fühlen, sondern die Käfer ein gelbes, beißend riechendes und leicht auf der Haut brennendes Sekret hab. Hin und wieder zwicken sie auch. Der Stralsunder Peter Koslik beschreibt einen Biss in den Nacken wie einen "kleinen Nadelstich". "Ursache für das massenweise Auftreten der Marienkäfer war das hervorragende Nahrungsangebot für die Larven in diesem Jahr", erklärt der Greifswalder Zoologie-Professor Jan-Peter Hildebrandt.

Ganz natürliches, wiederkehrendes Phänomen

Viele Gäste empfinden das massenhafte Auftreten der Krabbeltiere als Plage, doch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) spricht von einem ganz natürlichen Phänomen. Die Käfer seien vermutlich vom Regen der vergangenen Tage auf die Wasseroberfläche gedrückt worden und würden nun in Scharen an den Stränden angespült, sagte der Sprecher des Nabu Schleswig- Holstein, Ingo Ludwichowski.

Die Invasion der Marienkäfer sei ein an der Küste immer wieder auftretendes Phänomen, sagte Ludwichowski. "Wenn sie in ihrem Ursprungsgebiet alle Blattläuse vertilgt haben, steigen sie in großen Schwärmen auf, um sich neue Nahrung zu suchen. Wenn sie auf die Meeresoberfläche gedrückt werden, lassen sie sich auf dem Wasser treiben und werden so an die Strände gespült. Deshalb findet man dieses massenhafte Auftreten auch nur an der Küste", sagt der Naturschützer. "Das Phänomen wird sich in ein paar Tagen von selbst lösen, dann sind die Käfer ins Hinterland abgeschwirrt", glaubt Ludwichowski.

Mildes Wetter und gutes Nahrungsangebot verursachen Plage

Die milden Temperaturen, gepaart mit der feuchten Luft, hätten dafür gesorgt, dass sich zunächst die Vegetation und damit auch die Blattlaus-Population gut entwickelt hätten. "Die räuberischen Larven der Marienkäfer ernähren sich von diesen Blattläusen", sagt der Experte der Universität Greifswald. In normalen Jahren gebe es bei der Entwicklung der Larven zu ausgewachsenen Tieren hohe Verlustraten. Dies sei in diesem Jahr anders, weil genug Blattläuse vorhanden seien. Zudem hätten Marienkäfer wegen ihrer für viele Vogelarten unverdaulichen chemischen Inhaltsstoffe auch wenige Fressfeinde.

Nach Einschätzung des Nabu-Experten sind es vor allem die heimischen Siebenpunkt-Marienkäfer, die an den Stränden angespült werden. "Das deutet darauf hin, dass die Besorgnis unbegründet ist, der Asiatische Marienkäfer könnte heimische Arten verdrängen", sagte er. Zuletzt waren Mitte April in den Ostseebädern Grömitz und Kellenhusen im Kreis Ostholstein große Mengen von Marienkäfern angespült worden.

Inzwischen hat das Rostocker Landesamt für Gesundheit und Soziales auf die Insektenmassen reagiert und Verhaltenstipps herausgegeben: Bei der Kleidung solle auf knallige Farben verzichtet werden, in den Wohnungen helfen Fliegengitter vor den Fenstern.

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