Kriminalität:Geiselnehmer von Gladbeck bald frei

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Der Wagen mit den Geiselnehmern wird am 18. August 1988 in Köln von Journalisten umringt. (Foto: dpa)
  • Nach fast 30 Jahren Haft kommt der erste der beiden Gladbecker Geiselgangster auf freien Fuß.
  • Dieter Degowski wird dafür einen neuen Namen erhalten.
  • Er soll von einem ganzen Helfernetzwerk betreut und engmaschig kontrolliert werden.

Von Annette Ramelsberger, München

Deutschlands bekanntester Geiselnehmer, der heute 61 Jahre alte Dieter Degowski, soll in einigen Monaten nach fast 30 Jahren Haft in die Freiheit entlassen werden. Das hat das Landgericht Arnsberg am Dienstag entschieden. Das Gericht hat dafür genaue Vorgaben gemacht, die sicherstellen sollen, dass Degowski in Freiheit keine Straftaten mehr begeht.

So soll er von einem ganzen Helfernetzwerk betreut und engmaschig kontrolliert werden, sagte der Sprecher des Landgerichts, Johannes Kamp, der SZ am Dienstag. Insbesondere soll sein Tagesablauf nach fast 30 Jahren im Gefängnis fest strukturiert werden. Das ist die größte Herausforderung, wenn Strafgefangene aus der stark reglementierten Haft entlassen werden. Sie finden dann oft nicht in einen geregelten Alltag zurück.

Dieter Degowski hat im Jahr 1988 gemeinsam mit seinem Komplizen Hans-Jürgen Rösner eine Bank in Gladbeck überfallen, war dann nach Bremen geflohen und hatte dort einen Bus gekapert. Darin hatten sie den 15-jährigen Emanuele De Giorgi getötet. Die beiden Täter waren mit zwei Geiseln weiter über die Niederlande bis in die Kölner Innenstadt gefahren, immer weiter, bis sie die Polizei auf der Autobahn überwältigte. Die junge Geisel Silke Bischoff kam in dem Auto um.

Es war eine Geiselnahme, die die Öffentlichkeit in Echtzeit verfolgte. Reporter telefonierten mit den Geiselnehmern, während die ihre Opfer in Schach hielten. Journalisten umlagerten das Auto der Geiselnehmer in der Innenstadt von Köln und lotsten die Verbrecher sogar an den Stadtrand.

Degowskis damaliger Komplize Rösner sitzt heute in Sicherungsverwahrung. Von Degowski hatte sich das Gericht bereits am 19. September in einer Anhörung einen eigenen Eindruck gemacht, in nicht-öffentlicher Sitzung. Er ist mittlerweile vier Jahre lang auf die Entlassung in die Freiheit vorbereitet worden. "Schrittweise und beanstandungsfrei", wie Gerichtssprecher Kamp betont.

Schon 2013 hatte der Häftling den Antrag gestellt, entlassen zu werden. Damals hatte das Gericht noch Vorbehalte. Nun hat es diese offensichtlich aufgegeben. Bereits im Frühjahr war bekannt geworden, dass Degowski auch beantragt hat, einen neuen Namen anzunehmen, damit er nicht weiter als Geiselnehmer von Gladbeck erkennbar ist. Das zuständige Einwohneramt stimmte dem zu.

Das Gericht wollte zu Auflagen und Einzelheiten zunächst nichts sagen, nur so viel: Dieter Degowski müsse engen Kontakt zu seinem Bewährungshelfer halten und sich auch immer wieder bei der Polizei melden. In vergleichbaren Fällen kümmern sich oft kirchliche Stellen um solche entlassenen Strafgefangenen, sie leben oft in betreuten Männerwohnheimen und gehen einer Arbeit nach, die nicht unbedingt in der freien Wirtschaft angeboten wird.

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Gefangen in der Anonymität

Dieter Degowski, der Gladbecker Geiselnehmer und Mörder, soll im Falle seiner Freilassung einen neuen Namen bekommen. Aber nicht nur Verbrecher, sondern auch einige Opfer und Zeugen leben mit falschen Papieren - oft ist das für die Betroffenen eine Belastung.

Von Annette Ramelsberger

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