Kriminalfall Genditzki:Lebenslang aus Mangel an Beweisen

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Manfred Genditzki sitzt seit acht Jahren im Gefängnis. Für seine Schuld gibt es keinen Beweis. Für die Tat, die man ihm zur Last legt, gibt es kein Motiv. Über ein Gerichtsurteil, das geeignet ist, das Vertrauen in die deutsche Justiz zu erschüttern.

Von Hans Holzhaider

Es ist der Stoff, aus dem Albträume sind: Verurteilt zu werden für ein Verbrechen, das man nicht begangen hat. Den Spruch des Richters zu hören: "Im Namen des Volkes: Schuldig des Mordes, verurteilt zu lebenslanger Haft", und zu wissen: Es gibt keine Chance mehr, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

Hausmeister Manfred Genditzki, 56, sitzt seit acht Jahren im Gefängnis. Er soll eine alte Frau, um die er sich jahrelang mit großem Einsatz gekümmert hat, in der Badewanne ertränkt haben. Er bestreitet die Tat, aber er konnte seine Unschuld nicht beweisen. Das muss er auch nicht. Seit der Antike gilt im Strafrecht das Prinzip, dass nicht der Angeklagte seine Unschuld, sondern das Gericht seine Schuld beweisen muss. Der Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" ist einer der tragenden Pfeiler des Rechtsstaats.

Für die Schuld Manfred Genditzkis gibt es keinen Beweis, für die Tat, die man ihm zur Last legt, gibt es kein Motiv. Und es gibt viele Indizien dafür, dass der angebliche Mord in Wirklichkeit ein häuslicher Unfall war. Trotzdem wurde Manfred Genditzki verurteilt: Im Zweifel gegen den Angeklagten.

Vor fünf Jahren habe ich den Prozess gegen Manfred Genditzki vor dem Landgericht München II verfolgt. 15 Tage lang hat das Gericht Zeugen und Sachverständige angehört. Danach war ich mir sicher: Nie und nimmer würden die Indizien ausreichen, um diesen Angeklagten zu verurteilen. Doch dann kam das Urteil: Schuldig des Mordes. Lebenslange Haft. Die Revision, eingelegt von einem der fähigsten Anwälte Deutschlands, wurde mit einem Federstrich abgewiesen. Hinter Manfred Genditzki schloss sich das Gefängnistor.

Erst jetzt bekam ich Gelegenheit, die vollständigen Akten des Falles zu studieren. Erst jetzt kann die Geschichte von Manfred Genditzki vollständig erzählt werden. Und es bleibt so rätselhaft wie zuvor, wie ein Gericht zu diesem Urteil kommen konnte.

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SZ PlusFall Genditzki
:Im Zweifel gegen den Angeklagten

Hausmeister Manfred Genditzki, verurteilt zu lebenslanger Haft, soll eine alte Dame im Streit getötet haben. Doch an der Arbeit von Staatsanwaltschaft und Landgericht gab es von Anfang an erhebliche Zweifel.

Von Hans Holzhaider

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