Kleinkinder in Hongkong:Posieren für den Kindergartenplatz

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Ein gewöhnliches Bild reicht nicht mehr: Fotos von Kleinkindern werden in Hongkong perfekt inszeniert. Die Eltern zahlen viel Geld für aufwändig geschönte Portraits schon von Babys - um einen Platz in der Krabbelgruppe zu ergattern.

Der Platz in deutschen Kitas ist knapp, deshalb fordern manche Institutionen Bewerbungen, manchmal auch mit Foto. Doch was in Deutschland eine Sache von fünf Minuten ist, dauert in China oder Hongkong oft Stunden, wie die South China Morning Post berichtet: das Bewerbungsfoto. Manche chinesischen Eltern buchen für ihre Kinder teure Shootings in professionellen Studios. Das Ergebnis ist ein Portrait, mit Photoshop retuschiert, wie man es hierzulande von Hochglanzmagazinen kennt. Und das alles nur, um den Schulleiter von einem Kleinkind zu überzeugen.

Denn welche Kinder der Leiter für seine Krippe, Kindergarten oder Schule bevorzugt, gibt die Richtung für das Shooting vor. Die ersten Aufnahmen in Fotostudios entstehen manchmal bereits für Bewerbungen bei Spielgruppen für Kinder unter zwei Jahren. Leiter von beliebten Gruppen sind oft sehr wählerisch, manche führen Vorstellungsgespräche mit einer Auswahl von Bewerbern.

Jackson Yim Chi-lung, Besitzer eines Fotostudios, fotografiert Kinder, die nicht einmal ein Jahr alt sind. Manche von ihnen können noch nicht laufen und warten noch auf ihre Milchzähne. 980 HK$ berechnet Yim für eine Foto-CD, das entspricht in etwa 90 Euro. Die Fotos sind retuschiert, um die Kinder im perfekten Licht darzustellen. Die Farben des Hintergrundes, der nach der Aufnahme hinzugefügt wird, sollen die unterschiedlichen Charakterzüge der Kinder betonen - kontaktfreudig, distanziert, reif oder unschuldig -, je nach dem Geschmack des Leiters der Schule oder der Spielgruppe.

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Für ein Portfolio zahlen die Eltern 3800 HK$, etwa 350 Euro. Durchschnittlich dauert es eine Stunde, bis Yim die gewünschten Charakteristika auf den Bildern zum Vorschein bringt. Das Geheimnis bei der Arbeit mit den Kindern sei Geduld, sagt er. Auch Fotos von Familienausflügen sind in den Portfolios enthalten. "Diese Fotos werden gezeigt, um den Schulleitern einen Hinweis zu geben, in welche Klasse die Kinder gehören", sagt Yim. "Kinder in diesem Alter sind zu jung, um sie gut vergleichen zu können. Also vergleicht man die Eltern."

Ein Fünfjähriger - umrahmt von 25 Auszeichnungen

Manche Eltern lassen ihre Kinder neben Auszeichnungen abbilden, die die Eltern mit in das Fotostudio bringen - und sei es die Auszeichnung "Liebe Zähne gemeinsam mit Deinen Kindern", die im Rahmen eines Gesundheitsprogramm der Regierung vergeben wird. Einmal hätte Yim versucht, die Eltern eines Kindes zu überzeugen, zurückhaltender zu sein. Die Aufnahmen seien "zu laut", habe er den Eltern geraten. Doch diese bestanden weiter darauf: Der Fünfjährige posierte vor 25 Trophäen und Medaillen.

Yims Fotostudio "Pak Hop Photo" wurde in den 80er Jahren eröffnet, 1997 übernahm er das Geschäft von seinem Vater. Inzwischen ist es eines der bekanntesten Studios in Sha Tin, einem Bezirk in Hongkong, wie die South China Morning Post berichtet. Zu seinen Kunden sollen prominente Politiker und ein Nobelpreisträger für Physik gehören, Yang Chen-ning. Früh erkannte der Fotograf den neuen Geschäftszweig mit professionellen Bewerbungsfotos für Kinder. Seit 2008 wirbt er explizit für diesen Service. Seitdem steigen die Anfragen.

Kürzlich haben Schulleiter in Hongkong die Bewerbungen auf maximal fünf A4-Blätter beschränkt, inklusive Lebenslauf und Fotos. Der Grund: In der Vergangenheit hätte man 30 bis 40 Seiten Fotos und Texte erhalten, erzählt der Leiter einer Elitegrundschule.

Doch auch dafür finden die offenbar verzweifelten Eltern eine Lösung: "Sie lassen die Fotokopien der Zeugnisse ihrer Kinder verkleinern und stopfen einfach möglichst viele auf eine DIN A4 Blatt", erzählt Yim.

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