Interview:Polizeichef von Nizza: "Ja, ich bin müde"

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Aymeric Dredemy ist zwar stolz darauf, wie seine Kollegen den 14. Juli gemeistert haben. Aber die Erschöpfung kann er nicht verbergen.

Von Felix Hütten, Nizza

Am Mittag dankt der Bürgermeister von Nizza, Philippe Pradal, Polizisten für ihren Einsatz in der Nacht des 14. Juli. Auch Aymeric Dredemy, Chef der örtlichen Polizeibehörde, ist stolz auf seine Kollegen - und doch merkt man dem hageren Mann die Enttäuschung darüber an, dass er den Täter gerne früher aufgehalten hätte.

SZ: Herr Dredemy, haben Sie bereits realisieren können, was in der Nacht vom 14. Juli auf Nizzas Strandpromenade passiert ist?

Aymeric Dredemy: Ich habe tatsächlich Schwierigkeiten, die furchtbaren Erlebnisse zu verarbeiten. Im Moment schaffe ich es zwar, professionell weiterzuarbeiten. Aber natürlich denke ich an die Opfer, an deren Familien, ich denke auch die Kollegen, die vor Ort waren und grausame Dinge gesehen haben. Ich glaube, es hilft, wenn wir uns jetzt auf unsere Arbeit konzentrieren. Wir werden nach und nach den Abend analysieren und Psychologen unterstützen uns, falls es Probleme gibt.

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Wie haben Sie den Abend persönlich erlebt?

Ich selbst bin etwa 15 Minuten nach dem Anschlag vor Ort gewesen, um dann die Kollegen zu koordinieren. Es ging darum, die Menschen zu beruhigen und schnell vom Strand wegzubekommen. Wir mussten gemeinsam mit der Feuerwehr planen, wie wir die Verletzten in die Krankenhäuser transportieren können.

Die französische Polizei ist seit Monaten quasi im Dauereinsatz. War der Anschlag auch deshalb möglich, weil die Konzentration der Beamten langsam nachlässt?

Nein, nein, wir sind weiterhin aufmerksam und bereiten uns genau vor. Wir hatten vier EM-Spiele in Nizza zu betreuen, dazu die Fanmeile, Demonstrationen, die Touristen - jeder Einsatz war genau geplant.

Hätte man, wenn Sie sagen, die Polizei sei wachsam, den Lkw dann in jener Nacht nicht früher stoppen können?

Es ist nicht so einfach, einen 80 bis 90 km/h schnellen Lkw mit einer Waffe aufzuhalten. Das ist eine spezielle Form eines Anschlags, so etwas haben wir bislang noch nie erlebt. Man müsste über massive Betonpfeiler nachdenken, aber das sind ja keine Waffen. Polizisten, die in der Mitte der Promenade stationiert waren, haben dann das Feuer auf den Fahrer eröffnet. Letztlich hatten wir keine andere Möglichkeit, als ihn zu erschießen.

Und Sie persönlich, sind Sie erschöpft?

Ja, ich bin müde. Aber gut, ich arbeite und gebe mein Bestes.

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