Gerettete Kumpel gründen Merchandising-Firma:Souvenirs schrecklicher Schicksalstage

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Memphis, Letterman, Psychiatrie: Zwei Jahre nach ihrer spektakulären Rettung aus einer chilenischen Mine kämpfen viele der 33 Bergleute noch immer mit dem Erlebten. Am Schicksal der Kumpel verdienten bislang andere. Das soll sich jetzt ändern - die Männer wollen ihre Geschichte gewinnbringend vermarkten.

Sebastian Schoepp

Am 5. August 2010 wurden 33 Bergleute in einer Mine der chilenischen Atacama-Wüste verschüttet, bis sie 69 Tage später an Bord einer Rettungskapsel zurück zur Erdoberfläche sausten. Zwei Jahre später wissen viele der Geretteten noch immer nicht, wie sie das Leben nach der spektakulären Aktion bewältigen sollen, die mehr TV-Zuschauer fand als einst die Mondlandung.

69 Tage waren 33 Kumpel in einer chilenischen Mine eingeschlossen, erst dann gelang es in einer spektakulären Rettungsaktion, die Männer zu befreien. Auch zwei Jahre danach haben viele der Geretteten das Erlebte noch nicht verarbeitet. (Foto: dpa)

Nun haben sie die Marke "Das Wunder der 33" gegründet, mit dem Geld in die Kasse kommen soll: DVDs, Gedenkmedaillen, T-Shirts und Tassen sollen an Flughäfen und touristischen Orten verkauft werden. "Wir sind es satt, dass andere unsere Erlebnisse vermarkten", sagte Omar Reygadas der argentinischen Zeitung La Nación.

In der Tat sind bislang die meisten Geschäftsideen der Geretteten gescheitert. Das geplante gemeinsame Buch wurde nicht fertig, weil die 33 sich nicht über den Inhalt einigen konnten; auch der angekündigte Spielfilm lässt auf sich warten. Andere waren schneller.

Andere waren schneller

Nach der Rettung zeigte der spanische Sender Antena 3 flugs ein flaches TV-Drama mit dem Titel "Die 33 von Atacama" - und schützte den Titel. Es gibt die Kapsel Fenix 2 aus Plastik mit Spielfiguren, Comics und Postkarten zu kaufen. Bücher über die Rettung veröffentlichten unter anderen ein Zeitungsjournalist und ein Psychologe.

Einige der Geretteten waren immerhin so geschickt, Vorträge und Motivationsseminare zu halten, so etwa Omar Reygadas. Weniger Wortgewandte verfielen der Schlaflosigkeit und dem Alkohol. Edison Peña, der seine Leidensgenossen während der Gefangenschaft in der Mine mit Elvis-Darbietungen unterhielt, landete nach Auftritten in Memphis und bei David Letterman in der Psychiatrie. Der Bolivianer Carlos Mamani vereinsamte mit Tabletten.

Zwar hatte der chilenische Unternehmer Leonardo Farkas jedem Überlebenden 10.000 Dollar geschenkt, gut die Hälfte erhält eine Rente vom Staat. Doch ihr Anwalt Remberto Valdés sagte La Nación: "Was sie bekommen haben, ist nicht wenig, aber eben auch nicht genug, um ein neues Leben zu beginnen." Die meisten arbeiten inzwischen wieder, fahren Gemüse aus oder Taxi, einige kehrten in den Bergbau zurück.

Vom Souvenirverkauf sollen nun alle profitieren. Die Gesellschaft Propriedad Intelectual Minera (PIM) soll das "geistige Eigentum" der Bergleute schützen, alle 33 sind Anteilseigner. In die PIM fließt auch ein Teil der Erlöse der Vorträge.

Bereits urheberrechtlich geschützt ist der Zettel, auf den Schichtführer José Ojeda die berühmt gewordene Überlebensnachricht an die Retter kritzelte: "Wir sind wohlauf in unserem Refugium. Die 33." Das Original lagert in einem Tresor.

2013 solle auch endlich der Kinofilm kommen, verspricht Hollywood-Magnat Mike Medavoy, der seine Kindheit in Chile verbrachte und das "Wunder der 33" produzieren will. Medavoy zeichnete als Chef einer Produktionsgesellschaft für "Rocky", "Apocalypse Now", "Terminator", "Hanna und ihre Schwestern" und andere Hollywood-Film verantwortlich. Er will Javier Bardem als Hauptdarsteller - und den Oscar. "Es wird der einzige autorisierte Film über uns", sagte Bergmann Juan Illanes zu La Nacíon. "Ein großer Teil der Geschichte ist noch nicht erzählt."

© SZ vom 01.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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