Flensburg:Bewährungsstrafe für Mutter, die Sohn drei Wochen allein ließ

Lesezeit: 2 min

Die wegen Vernachlässigung ihres vierjährigen Kindes Angeklagte und ihr Rechtsanwalt Osama Momen sitzen im Schwurgerichtssaal des Landgerichts in Flensburg. (Foto: dpa)

Eine Frau kommt von einer Party einfach nicht zurück, ihr vierjähriges Kind isst, was es in den Schränken findet. Das Gericht sieht das als versuchten Totschlag an - und gibt der Frau eine letzte Chance.

Eine Mutter, die ihren vierjährigen Sohn drei Wochen lang allein in der Wohnung gelassen hat, ist dafür nun zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Das Landgericht Flensburg sah es als erwiesen an, dass die heute 38-Jährige im August 2012 zu einer Party aufgebrochen war und von dort aus nicht zu dem eingesperrten Jungen zurückkehrte. Die Frau habe sich des versuchten Totschlags sowie der Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig gemacht, sagte der Richter.

Während der Junge eingesperrt war, trank und aß er das, was er in der Flensburger Wohnung fand. Da er den Gürtel seiner Hose nicht öffnen konnte, kotete er sich ein. Die Beine entzündeten sich. "Auch für uns ist es schwer nachvollziehbar, wie eine Mutter ihr Kind alleine lassen konnte", sagte der Richter über den Fall.

Das Kind wohnt jetzt bei einer Pflegefamilie

Die Frau hatte die Wohnung im August 2012 verlassen, um zu einer Geburtstagsfeier zu gehen. In einer Kneipe lernte sie einen Mann kennen und ging mit ihm in seine Wohnung, wo sie sich mit Kokain, Speed, Alkohol und Sex vergnügten. Dem Mann soll sie gesagt gehaben, ihr Sohn sei bei ihrer Mutter. Dabei hatte sie "selbst schlimme Bilder im Kopf, dass der Sohn tot sein könnte", wie der Richter in der Begründung des noch nicht rechtskräftigen Urteils vortrug. Doch sie tat nichts.

Vom Kindergarten hatte die Frau ihr Kind wegen einer angeblichen Hautkrankheit abgemeldet. Nur durch Vorräte im Küchenschrank war für den Jungen gesorgt. Erst eine Heilpädagogin schlug Alarm, nachdem der Junge Termine versäumt hatte. Die Feuerwehr brach die Wohnungstür auf und fand den Vierjährigen lebend und in einem überraschend guten Zustand. Inzwischen wohnt er dem Richter zufolge bei einer Pflegefamilie und fragt nur noch selten nach seiner Mutter. "Der Junge ist aufgeschlossen und intelligent", sagte er.

Angeklagte bittet um letzte Chance

Die Angeklagte hat noch zwei weitere, ältere Kinder, von denen eines bei Pflegeeltern, das andere in der Familie des Vaters lebt. Der Richter sagte unter Berufung auf Gutachter über die Angeklagte: "In depressiven Phasen neigt sie dazu, Drogen zu nehmen und sich in ihre eigene Welt zurückzuziehen." Schuldunfähig sei sie deswegen aber nicht, argumentierte die Kammer. Schließlich sei der geständigen Frau durchaus bewusst gewesen, dass der Sohn hätte sterben können.

Pläne, zu ihm zurückzukehren, habe sie dennoch nicht gehabt. Eine als Bewährungsauflage verhängte Suchttherapie soll der nicht vorbestraften Frau nun zu einem geregelten Leben verhelfen. Sie selbst sagte: "Ich bereue wirklich, was passiert ist. Ich hoffe, dass ich hier noch mal eine letzte Chance bekomme." Die hat die Kammer ihr nun gegeben.

© SZ.de/dpa/ewid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: