Erdrutsch in den USA:"Wir wussten, dass es passieren würde"

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Hoffnung auf Überlebende des Erdrutsches im US-Bundesstaat Washington gibt es kaum noch. Aus der Suche ist eine Bergungsaktion geworden, 14 Tote haben die Helfer bereits gefunden. Geomorphologen hatten schon lange vor der Möglichkeit eines katastrophalen Abbruchs gewarnt.

Ein Luftbild zeigt den riesigen Abriss im Hügel oberhalb der kleinen Gemeinde Oso. (Foto: REUTERS)

Wo einst die kleine Gemeinde Oso stand, erstreckt sich ein riesiges Loch bis in das Tal des Stillaguamish-Flusses. Wo einst der sanft geschwungene Waldhang war, ragt jetzt eine schroffe, 180 Meter hohe und 450 Meter breite Steilwand empor. Am Samstag hatte sich nach schweren Regenfällen ein riesiger Erdrutsch gelöst, der den kleinen Ort im Bundesstaat Washington mit seinen Häusern, Menschen und Tieren unter sich begrub.

14 Menschen konnten bisher nur noch tot geborgen werden, die Zahl der Vermissten wurde von den örtlichen Behörden zuletzt mit 176 angegeben. Seit der Rettung weniger Überlebender am Samstag, als die Hölle über den Ort hereinbrach, gibt es für die Begrabenen in den teilweise zehn Meter tiefen Schlammmassen praktisch keine Chance mehr.

Der Erdrutsch sei "komplett unvorhersehbar" über Oso hereingebrochen, sagte John Pennington, Chef des Notfallmanagement im Bezirk Snohomish County. Der Geomorphologe Daniel Miller sagt: "Wir wussten, dass es passieren würde", sagte er der Seattle Times. "Wir wussten nur nicht, wann."

Bereits 1999 hatte Daniel Miller die Beschaffenheit der Hügellandschaft im Auftrag des Ingenieurskorps der US-Army analysiert und vor "der Möglichkeit eines großen katastrophalen Abbruches" gewarnt. Hangrutschungen hatte es schon häufiger in dem regenreichen Flusstal gegeben, das knapp 100 Kilometer nordöstlich von Seattle liegt. Zuletzt ging im Januar 2006 eine Schlammlawine ab und veränderte den Verlauf des Flusses Stillaguamish.

Doch anstatt die in der Gefahrenzone bereits errichteten Häuser zu evakuieren, gestatteten die Behörden sogar den Bau von neuen. "Ich war schockiert", schildert Miller seine Eindrücke von einem neuerlichen Besuch im Jahr 2006 in der Seattle Times, "dass die Gemeinde auf der anderen Seite des Flusses bauen ließ."

Kein Anzeichen von Überlebenden

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:Begraben unter Geröll und Schlamm

Nach dem Erdrutsch im US-Bundesstaat Washington gibt es kaum noch Hoffnung auf Überlebende. Helfer haben bisher 14 Todesopfer geborgen, mehr als 170 Menschen werden noch vermisst.

Wie vielen Menschen diese verhängnisvolle Fehleinschätzung das Leben gekostet hat, steht noch nicht fest. Tage nach der tödlichen Katastrophe besteht weiterhin Gefahr, dass sich noch mehr Erde löst. Rettungsteams wurden am Montag sicherheitshalber von einigen Stellen abgezogen. Hoffnung auf Wunder und spektakuläre Rettungen in der dunkelbraunen Schlammwüste gibt es kaum noch. "Es ist sehr enttäuschend mitzuteilen, dass wir kein Anzeichen von Überlebenden gefunden haben", sagte Feuerwehrchef Travis Hots am Montagabend (Ortszeit) mit müder Stimme.

Auch John Pennington musste einräumen, dass die Suche nun in eine Bergungsaktion übergehen werde. Gesucht wird mit Spürhunden, Booten, elektronischen Suchgeräten, zu Fuß und aus der Luft. Aber nur langsam und sehr mühsam kommen die Helfer voran. Ihren Einsatz zwischen Häusertrümmern, alten Tankbehältern und ausgelaufenem Benzin ist auch für sie gefährlich. Es könne Minuten dauern, nur ein paar Schritte in der zähen Masse zurückzulegen, sagte Hots. Teilweise hätte sich der Schlamm wie Zement verfestigt, an anderen Stellen sei er wie Treibsand.

© Süddeutsche.de mit Material von Barbara Munker, dpa/dd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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