Entführung im Jemen:"Freude und Trauer"

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Die beiden Töchter der im Jemen entführten deutschen Familie sind in Sicherheit. Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder bleiben verschollen - der Zweijährige ist nach Einschätzung der Angehörigen vermutlich tot.

Zwei seit elf Monaten im Jemen entführte deutsche Kinder sind in Freiheit. Die saudische Nachrichtenagentur SPA meldete, dass saudische Sicherheitskräfte die beiden Mädchen an der Grenze zwischen dem Jemen und Saudi-Arabien in Empfang genommen hätten. Von einer Befreiungsaktion war nicht die Rede.

Das Bergdorf Dhudhan im Norden des Jemen: In der Nähe wurden die deutsche Familie sowie vier weitere Ausländer vor knapp einem Jahr entführt. (Foto: Archivbild: dpa)

Das jüngste Kind der Familie aus dem sächsischen Meschwitz ist nach Einschätzung der Angehörigen wahrscheinlich tot. "Wir müssen davon ausgehen, dass Simon nicht mehr lebt", sagte der der Sprecher der Angehörigen, Pastor Reinhard Pötschke. Auch das Schicksal der Eltern sei nach wie vor unklar, betonte Pötschke.

"Bei ihnen und uns allen liegen Freude und Trauer ganz dicht nebeneinander", sagte Pötschke. Bei den befreiten Mädchen handelt es sich nach seinen Angaben um die fünfjährige Lydia und die ein Jahr jüngere Anne. Ihr Bruder Simon ist zwei Jahre alt.

Pötschke, der Schwager des entführten Familienvaters Johannes Hentschel, sagte, derzeit werde alles Nötige vorbereitet, um die beiden Mädchen zurück nach Deutschland zu holen. Sie würden nach ihrer Rückkehr im Kreis der Familie aufgenommen.

Das saudische Innenministerium hatte zuvor erklärt, die zwei Kinder seien bereits am Montag an der Grenze eingetroffen. Sie würden jetzt ärztlich untersucht. Die deutsche Botschaft in Riad sei informiert worden.

"Kinder brauchen jetzt Ruhe"

Den genauen Aufenthalt der Kinder wollte der Sprecher der Angehörigen ganz bewusst nicht mitteilen. "Die Kinder brauchen jetzt Ruhe und nicht Blitzlichtgewitter, um das Geschehen zu verarbeiten", sagte der Pastor. "Es wird so schon schwer genug für sie." Er rief zugleich die Medien auf, in dem Fall Zurückhaltung zu üben. "Wir haben viel zu verarbeiten als Familie."

Das Auswärtige Amt wollte sich zum Verdacht der Angehörigen, der Junge sei tot, nicht äußern. Zuvor hatte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die Befreiung der Töchter bestätigt. "Wir bleiben unverändert bemüht, endlich Klarheit auch in den Verbleib der übrigen Geiseln zu bringen", erklärte Westerwelle. Ihr Schicksal erfülle die Bundesregierung weiterhin mit großer Sorge. "Wir hoffen auf einen glücklichen Ausgang auch für sie und werden uns weiter mit aller Kraft dafür einsetzen", fügte der Minister hinzu.

Die Lausitzer Familie Hentschel war am 12. Juni zusammen mit einem britischen Ingenieur, zwei deutschen Pflegehelferinnen sowie einer südkoreanischen Lehrerin entführt worden. Drei Tage später wurden die Leichen der beiden jungen Frauen aus Niedersachsen und der Koreanerin entdeckt. Kurz vor Weihnachten tauchte ein Video von den drei Kindern auf.

Das Ehepaar Hentschel arbeitete seit 2003 in einem staatlichen Krankenhaus in Saada im Norden des Landes, wo Regierungstruppen gegen schiitische Rebellen kämpfen. Die Entführung nahe der Grenze zu Saudi-Arabien soll zwischen schiitischen Rebellen und dem Terrornetzwerk al-Qaida abgestimmt worden sein.

© dpa/AFP/dapd/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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