Ein Anruf bei ...:Jan Fitzner, der Senioren Selbstverteidigung mit dem Krückstock beibringt

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Nimm dies, du Schuft! Kampfsportler Jan Fitzner (links) zeigt Senioren in seinen Kursen, wie sie sich jederzeit wehren können. Die älteste Teilnehmerin war 92. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Die Sportart "Cane-Fu", eine Kreuzung aus Kung-Fu und dem englischen Wort "cane" für Stock, ist in den USA schon länger populär.

Interview von Titus Arnu

Ausweichen, Schlagen, Stechen; In speziellen Kursen können Senioren lernen, sich mit dem Krückstock oder dem Schirm gegen Angreifer zu verteidigen. Jan Fitzner, 63, Arzt aus Wendlingen bei Stuttgart, trainiert mit ihnen Techniken dazu. Die Sportart, die in den USA schon länger populär ist, nennt sich "Cane-Fu", was eine Kreuzung aus Kung-Fu und dem englischen Wort cane für Stock ist.

SZ: Herr Fitzner, fühlen Sie sich bedroht? Oder wieso betreiben Sie Krückstock-Kampfsport?

Jan Fitzner: Grundsätzlich bin ich vielleicht schon ein ängstlicher Typ. Ich bin aber noch nie überfallen worden und wüsste auch ganz gut, wie ich mich wehren kann - schließlich habe ich mein Leben lang verschiedene Kampfsportarten betrieben, von Judo über irischen Stockkampf bis Escrima, eine philippinische Kampfsportart. Aber es geht ja nicht um mich, sondern um die Senioren.

Was lernen die bei Ihnen?

Sie lernen, wie man sich effektiv gegen Angreifer wehrt. Die Grundidee: Wenn man körperlich nicht mehr so fit ist, muss man sich eben bewaffnen - aber legal. Und dafür ist der Krückstock ideal - ein handlicher Holzprügel, einen Meter lang. Damit kann man einen Angreifer außer Gefecht setzen, wenn man weiß, wie und wo man ihn einsetzt.

Wie geht das am besten?

Es wäre zum Beispiel nicht gut, den Rundhaken des Spazierstocks am Genick des Gegners einzuhängen. Das führt meistens zu Würfen. Würfe habe ich komplett rausgenommen aus dem Programm, das schaffen alte Leute nicht mehr, sie sind ja keine Muskelprotze. Und sie können ja nicht mehr zehn Jahre üben - das muss einfach, schnell und kraftsparend funktionieren.

Was sollten Senioren also tun, wenn sie angegriffen werden?

Zunächst mal sollten sie versuchen, gefährlichen Situationen aus dem Weg zu gehen, denn grundsätzlich haben sie meistens die schlechteren Karten. Wenn es tatsächlich zu einem Angriff kommt, sollten sie richtig reagieren und für Deeskalation sorgen. Untersuchungen zeigen, dass die innere Haltung entscheidend ist: Wenn jemand selbstbewusst auftritt und der Bedrohung mit aufrechter Körperhaltung, scharfem Blick und fester Stimme entgegentritt, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es zu einem Kampf kommt. Die wichtigste Waffe ist das Handy: Sofort Hilfe rufen!

Und wenn das alles nicht funktioniert?

Dann hilft nur hauen und stechen. Schläge mit dem Gummiknopf, Querschläge, Blocken gegen die Faustschläge des Angreifers. Wir üben das an Gummikissen und mit Trainingspartnern.

Sind viele Senioren so gewaltbereit? Würden sie im Ernstfall wirklich z uschlagen?

Wenn ich Einladungen verschicke an Seniorenheime und Volkshochschulen, antworten manche: Nein danke, mit Gewalt wollen wir nichts zu tun haben. Aber die Teilnehmer sind dann meist recht munter bei der Sache. Übrigens habe ich viel mehr Damen als Herren in den Kursen, die Frauen sind abenteuerlustiger und neugieriger.

Wie alt sind denn die Kursteilnehmer?

50 plus, die älteste Teilnehmerin war 92. Die war noch ziemlich gut dabei.

Sie sind selbst erst 63 und scheinen ziemlich fit zu sein. Haben Sie Angst vor dem Ruhestand?

Nein, ich freue mich darauf. Und ich bin ja vorbereitet. Obwohl ich noch keinen Gehstock zum Laufen brauche, besitze ich ungefähr 40 Stöcke. Die brauche ich für die Kurse. Wenn es also so weit ist, bin ich bestens gerüstet.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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