Ehemaliger Tennisstar:Boris Becker, pleite?

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(Foto: Ralf Jürgens/Getty Images)
  • Wegen unbeglichener Schulden bei einer Londoner Privatbank hat ein Gericht Boris Becker für bankrott erklärt.
  • Sein Anwalt dementiert.
  • Die Entscheidung kommt zu einer Zeit, als der Ex-Tennisstar die negativen Schlagzeilen endlich überwunden zu haben schien.
  • Becker versuchte sich nach seiner Sportkarriere mehrfach als Unternehmer - mit unterschiedlichem Erfolg.

Von Björn Finke und Gerald Kleffmann, London

Die Anhörung in London dauerte nur eine halbe Stunde, dann sagte Richterin Christine Derrett: Sie erkläre Boris Becker "um 11.23 Uhr für bankrott". Der einstige Tennisprofi war selbst nicht anwesend am Mittwoch, sondern ließ sich von Anwälten vertreten. Es ging bei dem Verfahren um einen nicht näher benannten, aber, wie die Richterin formulierte, "substanziellen Betrag", den Becker der "Arbuthnot Latham" schuldet, einer kleinen, fast 200 Jahre alten Londoner Privatbank, gegen die er im Oktober 2015 einen Prozess verlor. Dass jemand wie er über einen so langen Zeitraum Schulden nicht begleiche, käme nicht oft vor, sagte die Richterin, ja: "Man hat den Eindruck, als sei er ein Mann, der den Kopf in den Sand gesteckt hat."

Beckers Anwälte befürchten einen Imageschaden

Beckers Anwalt bat um 28 Tage Aufschub, damit er das Geld auftreiben könne; der dreimalige Wimbledon-Sieger wolle eine Immobilie auf Mallorca neu beleihen. Die sei sechs Millionen Euro wert, aber alles habe länger gedauert als geplant. Und eine Privatinsolvenz schade seinem Image. Doch die Richterin sagte, darüber hätte "er schon vor langer Zeit nachdenken" müssen. Beckers Anwalt sagte zur Entschuldigung, der Deutsche sei beim Thema Finanzen "nicht erfahren".

Für wenige Stunden rauschte die Meldung durch die Welt, Becker sei pleite. Dann aber meldete sich Christian Schertz, sein deutscher Rechtsanwalt, zu Wort.

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Eigentlich wird nach britischem Recht nun ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Becker muss diesem eine Aufstellung seines Vermögens schicken. Aufgabe des Verwalters ist es dann, die Forderungen der Gläubiger bestmöglich zu begleichen. Warum Becker die Forderung nicht schon in den vergangenen zwei Jahren beglichen hat, wurde bei der Anhörung nicht besprochen.

Die Richterin sagte, sie treffe ihre Entscheidung zwar "mit Bedauern", aber es lägen eben keine Belege vor, dass Becker die Schuld tatsächlich bald begleichen werde. "Ich erinnere mich daran, ihn auf dem Centre Court spielen gesehen zu haben, was vermutlich mein Alter zeigt", sagte sie.

Der Tennisstar schien die Schlagzeilen überwunden zu haben

Am Abend, nur wenige Stunden nach der ersten Meldung, erklärte aber Beckers Rechtsanwalt Schertz in Deutschland: "Das Verfahren betrifft ein Darlehen, das Herr Becker binnen eines Monats in voller Höhe zurückgezahlt hätte." Becker sei "überrascht und enttäuscht, dass sich die gegnerische Bank in einem konkreten Zivilverfahren in Großbritannien entschieden hatte, Klage gegen ihn einzureichen". Schertz ließ auch mitteilen: "Tatsächlich hat mein Mandant bereits gegenüber englischen Medien erklärt, dass seine Einkünfte hinreichend veröffentlicht sind und es klar ist, dass er die Mittel hat, um diese Schuld zu begleichen."

Wie auch immer es mit der britischen Bankrott-Erklärung für Becker weitergeht: Die Meldung aus England kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem es eigentlich so aussah, als habe Becker den Schritt aus den Boulevardschlagzeilen heraus geschafft, die sein Image nach seiner Karriere lange geprägt hatten. Er war zur Überraschung der Tennis-Szene Ende 2013 als Trainer von Novak Djokovic verpflichtet worden, der Serbe hatte damals bereits sechs Grand-Slam-Titel gewonnen, haderte aber damit, zu oft Chancen auf weitere Erfolge bei einem der vier wichtigsten Turniere ausgelassen zu haben. Die Zusammenarbeit war dann tatsächlich äußerst erfolgreich, Djokovic gewann sechs weitere Grand-Slam-Titel und sicherte sich im Juni 2016 sogar den letzten fehlenden Titel der vier großen Turniere, als er in Paris die French Open gewann.

Ende 2016 beendete Becker von sich aus die Zusammenarbeit. Seine Zukunftsplanung stand bei der Verkündung dieses Bruchs offenbar bereits fest, denn es folgte umgehend die Bekanntgabe seiner neuen Aufgabe als Tennis-Kommentator bei Eurosport. Becker wirkte zuletzt bei den French Open gelöst wie lange nicht, als TV-Experte kam er von Beginn an gut an in Deutschland. Über Persönliches oder gar Geschäftliches allerdings wollte er - wie auch schon zuvor - nicht sprechen.

In jedem Fall hat er nach seiner Karriere ein unternehmungsreiches Leben geführt. Vieles gelang, manches auch nicht. Becker, der am 25. Juni 1999 seinen Rücktritt als Profi verkündet hatte, trat als Werbefigur auf, schrieb biografische Bücher. Als Investment erwarb er nach seiner Laufbahn drei Autohäuser, im März dieses Jahres verkaufte er die Firmen in Stralsund, Greifswald und Ribnitz-Damgarten und beendete dieses langjährige Kapitel. Anfang der Nullerjahre mündete ein anderes Engagement, eine Beteiligung an dem Internetportal Sportgate, in eine langwierige juristische Auseinandersetzung. Für Aufsehen sorgte sein Prozess 2002, in dem er wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war.

Das Leben von Boris Becker ist ein facettenreiches. Was aber die Bankrott-Meldung aus London betrifft, so könnte es verwirrender nicht sein. Die Kanzlei Schertz Bergmann Rechtsanwälte kündigte an, Becker werde beantragen, die Verfügung umgehend aufzuheben. "Medienmeldungen, wonach unser Mandant 'pleite' sei, entsprechen damit nicht der Wahrheit."

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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