Dritter Mordprozess in Italien:Gericht verurteilt Amanda Knox zu 28 Jahren Haft

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Freispruch gekippt: Richter in Florenz haben die Amerikanerin Amanda Knox und den Italiener Raffaele Sollecito erneut des Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher schuldig gesprochen. Ob Knox ihre Strafe antreten muss, ist noch unklar.

Mehr als elf Stunden berieten die Richter in Florenz, dann verkündeten sie ihre Entscheidung: Amanda Knox und Raffaele Sollecito sind schuldig. Schuldig des Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher. Die US-Amerikanerin Knox wurde zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft, ihr Ex-Freund, der Italiener Sollecito, zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Knox' Verteidiger kündigten an, in Berufung zu gehen.

Sowohl Knox, die den Prozess mit ihrer Mutter in ihrer Heimatstadt Seattle verfolgte, als auch Sollecito waren bei der Urteilsverkündung nicht anwesend. Zum Auftakt des letzten Verhandlungstages hatte Sollecito am Morgen noch angekündigt, das Urteil persönlich anhören zu wollen. Später änderte er jedoch seine Entscheidung und verließ am Nachmittag mit seiner Familie Florenz. "Er fühlt sich dazu nicht in der Lage", sagte sein Anwalt Luca Maori.

Der Staatsanwalt hatte zuvor Haftstrafen von 26 Jahren für Sollecito und 30 Jahren für Knox gefordert. Beide bestreiten bis heute ihre Schuld an der Tat. Die Theorie der Staatsanwaltschaft beinhaltet, dass Knox und Sollecito unter Alkohol- und Drogeneinfluss standen, als sie die Studentin Kercher wegen eines eskalierten Streits um die Sauberkeit im Haus ermordeten.

Amanda Knox bei "Markus Lanz"
:Wissen, was gespielt wird

Erst wurde sie in einem Mordfall verurteilt, dann freigesprochen, nun wird das Verfahren erneut aufgerollt. Im Interview mit Markus Lanz beteuert Amanda Knox ihre Unschuld. Betroffen zwar, aber auffallend beherrscht. Warum der TV-Auftritt des "Engels mit den Eisaugen" befremdlich war.

Eine TV-Kritik von Carolin Gasteiger

Eine knappe Stunde hatte die Anhörung am Morgen gedauert, an deren Schluss Knox' Verteidiger Carlo Dalla Vedova sagte: "Wir sind heute felsenfest von Amandas Unschuld überzeugt und das erlaubt es uns, der Anklage mit Gelassenheit zu begegnen." Es sei nicht möglich, jemanden zu verurteilen, weil er "möglicherweise schuldig" sei. Verteidiger Luciano Ghirga forderte, Knox müsse aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden. Sie sei angesichts der nahenden Entscheidung "sehr aufgewühlt".

Brutaler Mord in Perugia

Es ist bereits der dritte Prozess gegen die 26-jährige Knox und den 29 Jahre alten Italiener Sollecito. Seit September müssen sie sich erneut für den Mord an Knox' Mitbewohnerin Meredith Kercher verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, die damals 21 Jahre alte Studentin im November 2007 in Perugia brutal ermordet zu haben. Kerchers Leiche war halbnackt und mit etlichen Messerstichen in ihrem WG-Zimmer gefunden worden. Der Barmann Rudy Guede war bereits 2009 wegen Beihilfe zum Mord zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Er sitzt seitdem im Gefängnis. Die Richter betonten bei Guedes Schuldspruch in einem getrennten Verfahren, er könne nicht alleine gehandelt haben.

Knox und Sollecito wurden 2009 in erster Instanz zwar in einem Indizienprozess verurteilt, 2011 aber nach mehreren Jahren Gefängnis freigesprochen. Knox kehrte direkt nach ihrer Freilassung in die USA zurück.

Wird Amanda Knox ausgeliefert?

Nun droht Sollecito eine erneute Haft, während die US-Bürgerin Knox zunächst ausgeliefert werden müsste. Experten zufolge wird Italien dies aber voraussichtlich erst beantragen, wenn das Urteil rechtskräftig ist. In dem wahrscheinlichen Fall, dass eine der beiden Seiten Berufung einlegt, muss dafür das höchste italienische Gericht ein weiteres Mal in dem Fall entscheiden.

Kerchers Geschwister Stephanie und Lyle waren während der Verlesung des Urteils im Gericht anwesend. "Ich denke, dass es an diesem Punkt sehr schwierig ist, zu verzeihen, weil wir nicht wissen, was wirklich passiert ist", sagte Stephanie dem Fernsehsender SkyTG24. Ihr Bruder Lyle fügte hinzu: "Ich persönlich glaube nicht, dass ich es schaffe, zu verzeihen. Man braucht eine große Willenskraft und einen starken religiösen Glauben, um die Straße für das Verzeihen zu finden."

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