Berlin:Todesschütze legt Geständnis ab

Er gilt als aggressiv und gefährlich: Mehmet Y. hat gestanden, zwei Frauen in ihrem Auto erschossen zu haben. Nach seiner Verhaftung wird die Frage laut, warum der Mann nicht längst im Gefängnis war.

Marten Rolff

Er ist seit Tagen der meistgesuchte Mann Berlins, er gilt als gefährlich, und doch geht am Ende alles ganz schnell: Am späten Sonntagabend erkennen Zielfahnder der Berliner Polizei den mutmaßlichen Doppelmörder Mehmet Y. in einem Taxi im Bezirk Neukölln. Sie verständigen sofort ein Sondereinsatzkommando, das den 25-Jährigen wenig später auf dem Weg zum U-Bahnhof Grenzallee festnehmen kann.

Polizei fahndet weiter nach mutmasslichem Todesschuetzen

Kerzen und Blumen erinnern in Berlin-Gesundbrunnen an seine Opfer: Mehmet Y. hat den Anschlag auf einen vollbesetzten Pkw gestanden.

(Foto: dapd)

Er leistet keinen Widerstand und führt die Beamten anschließend zum Versteck der mutmaßlichen Tatwaffe im Bezirk Wedding. Und keine 24 Stunden später ist Mehmet Y. im Polizeiverhör dann geständig.

Demnach hat der 25-Jährige am vergangenen Donnerstagmittag eine Gewalttat begangen, die in der ganzen Stadt Verstörung auslöste: Am helllichten Tag soll sich Mehmet Y. auf die Kolberger Straße gestellt und aus seiner Pistole etwa ein Dutzend Schüsse auf das vollbesetzte Auto seiner Ex-Frau Feride C., 24, abgegeben haben. Ferides Mutter, 45, die sich auf der Rückbank wohl schützend über ihre Tochter geworfen hatte, war sofort tot.

Ferides Schwester, 22, erlag später in einer Klinik ihren Verletzungen. Ihr 27-jähriger Bruder erlitt einen Kopfschuss und liegt auf der Intensivstation. Am Samstag teilte die Polizei mit, dass er außer Lebensgefahr sei. Feride C. selbst sowie der Freund ihrer Schwester blieben unverletzt, sie stehen unter Schock.

Für die Berliner Polizei endet mit der Festnahme und dem Geständnis von Mehmet Y. einer der größten Fahndungsaufrufe der letzten Zeit. Weil die Ermittler befürchteten, er könne sich ins Ausland absetzen, war der aus Ostanatolien stammende Aushilfskellner europaweit gesucht worden. Alle zur Verfügung stehenden Zielfahnder Berlins hätten sich "in mehreren tausend Einsatzstunden" ganz auf Mehmet Y. konzentriert, sagt Polizeisprecher Thomas Neuendorf.

Kontaktverbot zur Ex-Frau

Man gehe von Eifersucht als Motiv aus. Feride C. hatte kurz nach der Tat zu Protokoll gegeben, ihren Ex-Mann während der Schüsse erkannt zu haben. Und spätestens nach Herausgabe der möglichen Tatwaffe rechnete man mit einem schnellen Abschluss der Ermittlungen. Die Sachlage scheine "relativ klar" zu sein, so Neuendorf. "Da ist nicht mehr viel offen."

Doch während für die Ermittler Klarheit herrscht, werden sich die Hinterbliebenen der Opfer wohl vor allem eine Frage stellen: Hätte Mehmet Y. überhaupt auf freiem Fuß sein dürfen? Der 25-Jährige war Polizei und Gerichten als aggressiv und gewaltbereit bekannt. Im Oktober 2008 hatte man ihn wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Den Akten zufolge wurde er in einem Imbiss handgreiflich gegen einen pöbelnden Jugendlichen. In einem anderen Fall ging er mit einem Messer auf einen Bekannten los. Im September 2010, während seine Bewährungszeit noch lief, soll er schließlich "Todesdrohungen gegen mehrere Personen" ausgesprochen haben, wie Tobias Kaehne, Sprecher der Berliner Strafgerichte, sagt.

Dass diese Drohungen sich gegen die Familie von Feride C. richteten, bestätigt Kaehne nicht. Doch hatte das Familiengericht Tiergarten Mehmet Y. wenig später ein Kontaktverbot zu seiner Ex-Frau erteilt. In verschiedenen Zeitungsberichten erzählen Zeugen, die Aggressivität und Eifersucht von Mehmet Y. seien in der ganzen Straße bekannt gewesen. Ferides Vater habe seine Tochter auch 18 Monate nach der Scheidung meistens begleitet, um sie zu beschützen. Und der Bild zufolge warnte Mehmet Y. seine Ex-Frau noch kurz vor der Tat mit den Worten: "Wenn du nicht zurückkommst, jage ich dir eine Kugel in den Kopf."

Gerichtssprecher Tobias Kaehne betont, das von einem Zivilrichter ausgesprochene Kontaktverbot begründe noch keine Aufhebung der Bewährung. Das strafrechtliche Verfahren gegen Mehmet Y. indes sei "zeitlich im Rahmen" gewesen. Im März erging Anklage, die habe erst geprüft und auf Türkisch übersetzt werden müssen. Die Klage habe sich "kurz vor der Zustellung" an Mehmet Y. befunden. Versäumnisse seien da nicht erkennbar, wenn man sich auch wünschte, dass so etwas schneller gehen würde als fünf Monate. Für die Familie von Feride C. waren diese fünf Monate tödlich.

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