Amoklauf bei "Batman"-Premiere:Schütze von Aurora bleibt stumm

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Bislang hat James Holmes den Prozess um den Amoklauf in Aurora teilnahmslos verfolgt. Fordert der Angeklagte einen Freispruch wegen Unzurechnungsfähigkeit? Die Antwort bleibt bei der Anhörung aus. Der Richter erwägt bereits den Einsatz eines "Wahrheitsserums".

Ist er psychisch krank und damit unzurechnungsfähig? Oder ist er nur besonders kaltblütig, ein Mann, den das Grauen, das er angerichtet hat, nicht erreicht? Bisher hat der angeklagte James Holmes den Prozess in Centennial regungslos verfolgt; mit ausdruckslosem Gesicht saß er im Saal.

Die Tat, die ihm die Staatsanwaltschaft zur Last legt, wird für immer mit der Kleinstadt Aurora verbunden sein - und mit dem Batman-Film "The Dark Knight Rises": Bei dem Massaker in einem Kino im US-Bundesstaat Colorado kommen in der Nacht zum 20. Juli 2012 zwölf Zuschauer ums Leben, 58 werden verletzt. Der mutmaßliche Schütze, der 25-jährige Student Holmes, wird noch am Tatort festgenommen.

Fast acht Monate später erscheint Holmes für die offizielle Anklageverlesung vor Gericht. Eine Routineangelegenheit, bevor die Verteidigung ihr Plädoyer hält, und die meist nicht länger als ein paar Minuten dauert. Diesmal war es anders: 166 Anklagepunkte werden gegen Holmes vorgebracht. Anschließend sollte Holmes auf schuldig oder nicht schuldig plädieren. Doch das Plädoyer fiel aus. Die Verteidigung sei noch nicht so weit, hieß es zur Begründung. Pro forma trug Richter William Sylvester "nicht schuldig" als Forderung der Verteidigung ein. Das Plädoyer kann später noch in "nicht schuldig wegen Unzurechnungsfähigkeit" abgewandelt werden.

Schon bei seiner Festnahme zeigte Holmes Augenzeugen zufolge keinerlei Regung: "Es war, als ob es überhaupt keine normalen gefühlsmäßigen Reaktionen bei ihm gebe", berichtete ein Polizist. Doch ist diese Apathie ein Beleg für Unzurechnungsfähigkeit?

Psychiatrie oder Giftspritze?

Von der Beantwortung dieser Frage hängt viel ab: Sollte das Gericht Holmes für unzurechnungsfähig erklären, käme er in eine psychiatrische Klinik. Ansonsten droht ihm die Todesstrafe durch die Giftspritze oder lebenslange Haft.

Falls Holmes auf "unschuldig" wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit plädiert, wird er von Ärzten eines psychiatrischen Krankenhauses untersucht - möglicherweise unter Einsatz eines Medikamentencocktails, der die Wahrheit über seinen Geisteszustand zutage fördern soll. Wie die Denver Post berichtet, habe Richter William Sylvester die Option eines "Wahrheitsserums" in einem Gerichtsdokument festgehalten. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Holmes im Herbst einige Tage auf einer psychiatrischen Krankenstation verbracht hatte, weil er eine Gefahr für sich selbst darstellte.

Wie ein Bericht des Christian Science Monitor ausführt, birgt ein Plädoyer auf "unschuldig wegen Unzurechnungsfähgkeit" aber auch Risiken: Die Staatsanwaltschaft würde damit Zugang zu den Patientenakten des Angeklagten erhalten - und die Argumentation der Verteidigung möglicherweise entkräften.

Die Strategie der Staatsanwaltschaft ist bisher auch unbekannt. Noch hat sie nicht publik gemacht, ob sie die Todesstrafe anstrebt. Nach dem Plädoyer des Angeklagten hat der Staatsanwalt etwa 60 Tage Zeit, seine Forderung bekanntzugeben.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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