Amoklauf bei "Batman"-Premiere in USA:Dutzende Verletzte, etliche Tote

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Die Schüsse gehören zum Film, glauben die Kinobesucher in Aurora, Colorado. Dann durchschlagen Kugeln die Wand, verletzen Kinder, Teenager, Erwachsene. Chaos bricht aus. Etliche Menschen sterben. In der Wohnung des Amokläufers stoßen die Einsatzkräfte auf Sprengfallen.

Wie der mutmaßliche Amokschütze es angekündigt hatte, finden Einsatzkräfte von FBI und Polizei am frühen Morgen Sprengstoff in der Wohnung des mutmaßlichen Amokschützen von Auroro, Colorado. Die Fallen seien auf sehr "ausgefeilte Art und Weise aufgebaut" gewesen, sagt der Polizeichef örtlichen Medienberichten zufolge.

Bevor Einsatzkräfte die Wohnung des mutmaßlichen Schützen durchsuchen konnten, wurde der Gebäudekomplex weiträumig evakuiert - dort sollen vor allem Studenten wohnen. TV-Bilder von der Szenerie zeigten einen Krankenwagen vor dem Wohnkomplex. FBI-Agenten versuchten von einer Hebebühne eines Feuerwehrfahrzeugs aus, einen Überblick über das Innere des Apartments zu erhalten. Als der Mann unmittelbar nach der Schießerei auf dem Parkplatz hinter dem Kino festgenommen worden war, soll er von Sprengstoff in seiner Wohnung gesprochen haben.

Ein Mann betritt den Kinosaal, wirft eine Rauchbombe und eröffnet das Feuer

Um kurz nach Mitternacht ist im Kino von Aurora bei Denver aus der Action auf der Leinwand im Kinosaal Nummer neun realer Horror geworden: Batman-Fans aus Colorado sind gekommen, um die Premiere des Batman-Films The Dark Knight Rises als Allererste zu sehen. Manche tragen sogar schwarzen Umhang und Maske. Dann betritt ein Mann den Kinosaal, wirft eine Rauchbombe und eröffnet das Feuer. Kinder werden getroffen, Teenager, Erwachsene. Menschen werfen sich zu Boden. Chaos bricht aus.

"Schüsse fallen im Kino", twittert eine Studentin namens Caitlin um 0:02 Uhr. Eine 19-Jährige wird später der Denver Post berichten, wie die Kugeln ein kleines Mädchen in den Bauch treffen, wie einem etwa neun Jahre alten Kind in die Wange geschossen wird. Im Saal Nummer acht nebenan glaubten die Kinobesucher erst, die Schüsse würden zu einem Film gehören. Dann rennt jemand in den Saal und schreit: "Die schießen da draußen", wird die Zeitung später Augenzeugen zitieren. Die Schüsse aus Saal Nummer neun durchschlagen die Wand.

Jemand, der in der Lobby des Kinos wartet, filmt die Szenen mit seinem Handy und lädt den Clip auf Youtube hoch. Polizisten sind darauf zu sehen, die Kinobesucher aus dem Gebäude führen, ein Mann, der im blutgetränkten T-Shirt herauskommt. Augenzeugen berichten von einem Polizeibeamten, der ein lebloses Mädchen im Arm hält. Caitlin twittert weiter. "Ich bin draußen, ein Freund von mir ist immer noch drin. Keiner weiß, was los ist." Und dann: "O Gott, ich weiß nicht, was ich tun soll." Krankenwagen und Polizeifahrzeuge fahren vor dem Kino vor, Polizisten aus der ganzen Region sind im Einsatz.

Zwölf Menschen sterben in der Schießerei. Zehn erliegen ihren Verletzungen noch vor Ort im Kino, zwei weitere im Krankenhaus. Dutzende werden verletzt, etliche von ihnen schweben noch in Lebensgefahr - allein neun im Universitätsklinikum. Unter den Verletzten ist auch ein drei Monate altes Baby, das jedoch nach wenigen Stunden wieder entlassen werden kann. Viele Eltern wissen stundenlang nicht, ob ihre Kinder unter den Opfern sind. Augenzeugen werden von der Polizei in eine nahegelegene Highschool gebracht, wo sie befragt werden sollen.

Medienberichten zufolge ist eine Frau unter den Opfern, die Anfang Juni erst in eine Schießerei in einem Einkaufszentrum von Toronto geriet. Auf Twitter verbreitet sich die verzweifelte Suche eines Mannes nach seinem Sohn, der seit dem Massaker vermisst wird. Er wird an diesem Freitag 27 Jahre alt.

Rätseln über Motiv des Täters

Die ersten Berichte über den oder die Täter widersprechen sich. Mal ist von zwei Schützen die Rede, mal sollen sie maskiert gewesen sein. Die Polizei nimmt auf dem Parkplatz hinter dem Kino einen Mann fest, er wehrt sich nicht. Dem Lokalsender KMGH-TV zufolge ist er 24 Jahre alt und soll aus der Gegend von Aurora stammen. Er trägt eine schusssichere Weste und einigen Berichten zufolge auch eine Gasmaske. Polizeisprecher Frank Fania sagt dem TV-Sender CNN, der mutmaßliche Schütze sei mit einem Gewehr und zwei Pistolen bewaffnet gewesen. Anderen Berichten zufolge wurde die zweite Pistole am Tatort gefunden.

Was den Mann zum schlimmsten Blutbad in den USA seit der Schießerei an der Universität Virginia Tech 2007 trieb, ist völlig unklar. Das eingeschaltete FBI teilt jedoch rasch mit: Es gebe keinerlei Hinweise auf einen terroristischen Kontext. US-Medien berichten unter Berufung auf Polizeiquellen, der mutmaßliche Schütze habe sich bislang nicht geäußert.

Die Nachrichten über die Bluttat erreichen die US-Amerikaner früh am Morgen. Twitter quillt unter dem Hashtag #theatershooting bald über vor Trauer und Entsetzen:"Schrecklich, aufzuwachen und zu realisieren, welche Gewalt es in der Welt gibt", schreibt @thegingagurl. "Mein Mitgefühl ist bei all denen, die nur einen Film schauen wollten und jetzt vielleicht nicht einmal mehr nach Hause zurückkommen", twittert @moncrutch. US-Präsident Barack Obama wird gegen 5:30 Uhr über den Vorfall informiert. Er sei "schockiert und traurig" über das "entsetzliche und tragische Geschehen", sagt der Präsident der Denver Post zufolge.

Auch der republikanische Gegenkandidat meldet sich zu Wort: "Wir beten für die Familien und Lieben der Opfer in diesem Moment des Schocks und der tiefen Trauer", heißt es in einer Mitteilung von Mitt Romney. "Wir erwarten, dass der Verantwortliche rasch zur Rechenschaft gezogen wird."

Warner Bros., die Produktionsfirma des Batman-Filmes, dessen Premiere sich in Aurora in eine Tragödie verwandelte, sagte die Uraufführung des Actionsfilms in Paris ab und teilte mit: "Warner Bros. ist tieftraurig, von diesem schockierenden Vorfall zu erfahren. Wir sprechen den Familien und Lieben der Opfer unser ehrliches Mitgefühl aus."

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