Affäre zwischen Lehrer und 14-Jähriger:"Es ging letztlich immer nur um Sex"

Ihr ehemaliger Lehrer wurde vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs freigesprochen, jetzt äußert sich erstmals seine damals 14-jährige Schülerin in einem Interview. Die junge Frau erzählt von heimlichen Treffen im Putzraum der Schule, von den Folgen der Beziehung für ihr Leben - und von ihrer Enttäuschung über das Urteil.

Nach dem Freispruch eines rheinland-pfälzischen Lehrers spricht die damals 14-jährige Schülerin erstmals in einem Interview über ihre sexuelle Beziehung zur dem 18 Jahre älteren Pädagogen. "Ich bin seit damals in Therapie. Das hilft mir, heute kann ich darüber reden", offenbart sich die heute 19-Jährige dem Stern.

Sie hatte sich als 14-Jährige bei einem Schulausflug im Jahr 2007 auf die Beziehung eingelassen, die fünf Monate dauerte. Über Gespräche im Chat näherte der Pädagoge sich dem Mädchen an, schenkte ihm viel Aufmerksamkeit, wurde immer persönlicher. Schließlich nahm er es mit zu sich nach Hause.

Die junge Frau erinnert sich, dass sie ihren Lehrer anfangs für "einen coolen Typ" gehalten habe. Sie sei verliebt gewesen. Später aber habe sie das alles "komplett runtergezogen". "Ich saß nur noch zu Hause, hatte keine Freunde mehr", erinnert sie sich. Auch von ihrer Familie habe sie sich zurückgezogen. Im Nachhinein, verriet sie, sei sie enttäuscht von ihm. "Aber damals dachte ich, dass es vielleicht normal sei."

Zusammengekrümelt im Auto

Die Beziehung sei zärtlich gewesen, erinnert sich die junge Frau, doch sei es "letztlich immer nur um Sex" gegangen. "Es lief immer auf dasselbe hinaus". Die junge Frau, in dem Interview Marie genannt, schildert, wie die Begegnungen abliefen: Mal habe der Lehrer sie während des Unterrichts in der Putzkammer getroffen, mal habe er sie zu sich nach Hause geholt, während seine Frau an ihrem Arbeitsplatz war. Er habe sie auf einen Feldweg bestellt und dort abgeholt. Damit niemand sie auf den Fahrten zu ihm nach Hause von außen sehen konnte, habe sie sich in den "Fußraum reingekrümelt".

Als die Eltern von der Beziehung erfahren, verteidigt die junge Frau den Lehrer zunächst. Wie sehr dieser ihr Vertrauen ausgenutzt hat, habe sie erst bemerkt, als herauskam, dass der Lehrer ein Jahr zuvor auch ihrer älteren Schwester zweideutige E-Mails geschrieben habe.

Das Oberlandesgericht Koblenz hatte den Lehrer vergangene Woche vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs freigesprochen. Da er nicht der Klassenlehrer, sondern nur Vertretungslehrer des Mädchens gewesen sei, habe kein Obhutsverhältnis bestanden, hieß es zur Begründung. Dies ist aber Voraussetzung für eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach dem Strafgesetzbuch. Eine Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, bei dem die Zustimmung des Opfers irrelevant ist, kam in dem Fall nicht in Frage, weil das Mädchen zum Zeitpunkt der Affäre bereits 14 Jahre alt war.

Der Freispruch, so die junge Frau in dem Interview mit dem Stern, sei aus ihrer Sicht ein "Freibrief für jeden Lehrer", sich an "jede 14-jährige Schülerin heranzumachen". Der Vater kündigte in dem Interview an, trotz des strafrechtlichen Freispruchs nun eine Zivilklage auf Schadenersatz anstrengen zu wollen. Zudem engagiere er sich in einer Initiative dafür, dass die Obhutspflicht eines Lehrers nicht nur auf die Schüler seiner eigenen Klasse beschränkt sei. "Wir wollen nicht, dass es anderen Kindern passiert."

Das Urteil hatte bundesweit eine Welle der Empörung ausgelöst. Das Gericht stellte in der Urteilsbegründung aber auch klar, dass die Entscheidung nicht bedeute, dass der Strafsenat das Verhalten des Lehrers gutheiße. Die Entscheidung sollte "Anlass zur Prüfung geben, wie der gesetzliche Schutz für Schülerinnen und Schüler in derartigen Konstellationen verbessert werden kann". Derzeit läuft gegen den Lehrer noch ein Diziplinarverfahren, in dem die Schulaufsicht entscheiden könnte, dass der Beamte für den Schuldienst nicht geeignet ist.

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