Ärger um Fäkalien am Zürcher Hauptbahnhof:Stunk im Untergrund

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Alles Gute kommt von oben? Nicht in der Schweiz. Unterirdisch wird gerade der Bahnhof erweitert, doch nun streiken die Arbeiter. Denn es fallen ihnen Fäkalien aus Zugtoiletten auf den Kopf.

Thomas Kirchner

Der neue Bahnhof unter dem Zürcher Bahnhof ist ein Meisterwerk der Technik. Oben läuft der Betrieb weiter, unten wird eine Halle mit vier neuen Gleisen gebuddelt. Dank eines sich anschließenden Tunnels unter der Limmat Richtung Oerlikon ist Zürich von 2014 an kein Kopfbahnhof mehr, und die Schnellzüge Richtung Osten müssen nicht mehr die Richtung wechseln.

Streik am Zürcher Hauptbahnhof: Herabfallender Kot und Urin sind für die Bauarbeiter zum ekligen Problem geworden. (Foto: dpa-tmn)

Die Zeitersparnis von sechs Minuten ist den bahnverliebten Schweizern jedes Opfer wert. Fast jedes: Derzeit streiken die Bauarbeiter im Untergrund, weil ihnen Fäkalien aus Zugtoiletten auf den Kopf tropfen. Herabfallender Kot und Urin sei für die Betroffenen nicht nur eklig, sondern auch unhygienisch und entwürdigend, schimpft die Gewerkschaft Unia.

Die Exkremente stammen aus Plumpsklos, mit denen noch etwa die Hälfte der schweizerischen Züge ausgerüstet ist. Erst im Jahr 2019 werden chemische Toiletten dieses Relikt beseitigt haben, das auch manchen deutschen Bahnhöfen noch immer ein gewisses Gschmäckle verleiht. Fahren die alten Züge in den Hauptbahnhof ein, und halten sich einige Reisende nicht an die Verbote, kann eine eklige Soße durch die Bretterverschläge zwischen den Gleisen auf die Köpfe der Bauarbeiter sickern.

Die Arbeiter protestieren schon eine ganze Weile, weswegen die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) im September eine Verkleidung aus Plexiglas installierten. Damit werden aber offenbar nur 95 Prozent der Flüssigkeit abgehalten. "Für den Radkranz der Schienenräder muss ein Raum zwischen Plexiglas und Schiene zur Verfügung stehen", so ein SBB-Sprecher zum Zürcher Tages-Anzeiger.

Ein "minimales Tröpfeln" sei nicht auszuschließen, doch könne das auch Regenwasser sein. Die Gewerkschaft aber besteht auf einer hundertprozentig dichten Lösung. Vergangene Woche versprachen die SBB schließlich, die Toiletten sofort nach Einfahrt in den Bahnhof zu verschließen, um die Benutzung zu verhindern. Die Bahn wollte dafür ausreichend Personal auf den Bahnsteigen zur Verfügung stellen. Mit Videofilmen hat Unia nun bewiesen, dass sich nichts Wesentliches geändert hat.

Auch Baumaschinen und Arbeitsgeräte, die mit den Händen bedient werden, seien mit Hinterlassenschaften verunreinigt, klagt ein Gewerkschaftler. Beide Seiten bezichtigen einander inzwischen des Wortbruchs, die Arbeiten stehen still. An diesem Mittwoch wird weiter verhandelt. Die SBB versprechen indes, dass künftig das Zugpersonal die Toiletten abschließt.

© SZ vom 19.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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