Zürich:2500 Franken pro Monat? Die Schweizer lehnen ab

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Von Charlotte Theile, Zürich

Im Frühling dieses Jahres schien es, als schaue die ganze Welt auf die Schweiz. Ökonomen, Unternehmer, Aktivisten aus aller Welt kamen am Zürichsee zusammen, um über die Zukunft der Sozialsysteme in den Industrieländern nachzudenken. Das kleine Land in der Mitte Europas stand dieses Mal nicht für Abschottung und fremdenfeindliche Plakate - sondern für eine sozialpolitische Utopie. Zukunftslabor Schweiz.

Eine Volksinitiative forderte die Bürger auf, abzustimmen, ob sie künftig 2500 Franken, umgerechnet etwa 2200 Euro, bekommen wollten. Einfach so, fürs Nichtstun. Es war das erste Mal in der Geschichte, dass über diese Frage abgestimmt wurde. Und obwohl die Umfragewerte eher verhalten waren, glaubten nicht wenige an eine Sensation: Denn selbst wer Meinungsforschern am Telefon erzählt, er stimme natürlich gegen dieses "hochriskante Experiment", der könnte sich in aller Stille immer noch anders entscheiden. Die Argumente der Basler Aktivisten, die an Bahnhöfen Geld verteilten und medienwirksam goldene Fünf-Rappen-Stücke auf den Bundesplatz kippten, sickerten ins Bewusstsein der Bürger ein: Macht es heutzutage noch Sinn, Arbeitslosigkeit als Katastrophe zu begreifen, gegen die man sich versichern muss? Ist Existenzangst eine gute Motivation für Arbeitnehmer? Würden von einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht genau die Unternehmen profitieren, die faire Arbeitsbedingungen anbieten?

Im Schweizer Parlament hatte diese Vision keine Chance. Hinter der Formel "Träumereien gehören nicht ins Gesetz" versammelten sich fast alle Abgeordneten, quer durch die Parteienlandschaft. Ähnlich sahen es schließlich auch die traditionell vorsichtigen Schweizer Bürger: 77 Prozent sprachen sich Anfang Juni gegen das bedingungslose Grundeinkommen aus, nur knapp ein Viertel sagte ja. Die Initiatoren kündigten jedoch an, weiter für die Idee zu trommeln. Die erste Abstimmung in Sachen Grundeinkommen wird nicht die letzte gewesen sein.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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