Jugendliche im Kinderheim:Wenig Freude mit der Volljährigkeit

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Angelika Schmidbauer ist im Inselhaus die Geschäftsführerin. (Foto: Hartmut Pöstges)

Jugendliche, die in Kinderheimen aufwachsen, haben ein großes Problem, wenn sie 18 werden: Sie müssen häufig ihre Einrichtung verlassen. Die Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe widmet sich dem Thema anlässlich eines eigenen Jubiläums

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Endlich 18: Dieses lang herbeigesehnte Alter im Leben eines jungen Menschen birgt manche Stolperfalle in sich. Was ist bei der Eröffnung eines Kontos zu beachten? Wie funktioniert eine Steuererklärung? Selbst in intakten Familien versäumen es die Eltern bisweilen, ihren Kindern all die geistigen Werkzeuge mitzugeben, die sie zur Bewältigung des Erwachsenen-Alltags benötigen. "Es gibt viele Dinge, an die man nicht denkt", sagt Angelika Schmidbauer, stellvertretende Geschäftsführerin der Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe, die ihren Hauptsitz in Wolfratshausen hat.

Noch schwieriger gestaltet sich die Unterstützung über das 18. Lebensjahr hinaus, wenn die jungen Erwachsenen nicht Rückhalt aus der Familie erhalten, sondern in Kinderheimen leben, die sie mit der Volljährigkeit in der Regel verlassen müssen.

Das Inselhaus widmet sich diesem Thema an seinem bevorstehenden Geburtstag: 35 Jahre ist es her, seit Dörte Sambraus ihr Erbe in Höhe von zwei Millionen Mark in die Hand genommen hat, um sich ihren Traum von der Kinderhilfe zu erfüllen. Die sollte benachteiligten und durch familiäre Umstände in ihrer Entwicklung beeinträchtigten jungen Leuten zugute kommen. Sambraus kaufte das Anwesen in Eurasburg, in dem heute das Kinderheim angesiedelt ist. Die Inselhaus Kinder- und Jugendhilfe betreut heute 110 Kinder und Jugendliche, 70 stationär. Repräsentiert wird die Gesellschaft seit 1996 von Catherine Kemeny, der Tochter der vor 20 Jahren verstorbenen Sambraus. Kemeny spricht - neben dem Eurasburger Bürgermeister Moritz Sappl - das Grußwort auf der Geburtstagsfeier am Freitag, 3. Juni.

Was gerade 18 Jahre alt gewordenen Jugendlichen erst noch beigebracht werden muss, fällt minderjährigen Flüchtlingen, die sich allein nach Deutschland gerettet haben, doppelt so schwer. Von den 70 stationär betreuten Kindern und Jugendlichen seien 25 Flüchtlinge, sagt Schmidbauer. Die besondere Herausforderung: Die jungen Flüchtlinge stünden meist kurz vor dem 18. Lebensjahr, wenn sie ins Inselhaus kämen. Da bleibe viel zu wenig Zeit, um sie auf das Erwachsenenleben in Deutschland vorzubereiten. Auch hätten die jungen Flüchtlinge, die oft noch tief in der Pubertät steckten, wesentlich bessere Bildungschancen als die Asylbewerber in den Unterkünften, sagt Schmidbauer. Zwar gebe es seit 1990 die Inselhaus-Abteilung "Kaleidoskop", die sich speziell um junge Erwachsene zwischen 16 und 21 Jahren kümmere, um ihnen über das 18. Lebensjahr hinaus Unterstützung zu bieten. Wegen der explodierten Kosten sei es aber schwierig geworden, dort aufgenommen zu werden.

"Wir befinden uns seit einiger Zeit in einem großen gesellschaftlichen Wandel", sagt Geschäftsführer Rolf Merten. Durch die Flüchtlingskrise herrsche in Jugendhilfe-Organisationen eine große Unübersichtlichkeit, auch fehle das Personal. All dies ist Thema bei der Geburtstagsfeier, die im Gemeindesaal Eurasburgs begangen wird. Sie beginnt um 10 Uhr, hat einen Fachvortrag von Kristin Teuber, Leiterin des Sozialpädagogischen Instituts SOS-Kinderdorf, und eine Podiumsdiskussion unter anderem mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber und dem Dritten Landrat Klaus Koch (Grüne) zum Inhalt und klingt gegen 13 Uhr mit Sekt und einem Imbiss der Oberland Werkstätten Geretsried aus. Jeder ist eingeladen, es wird jedoch um Anmeldung gebeten, per E-Mail an elke.burghardt@inselhaus.org.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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