Wolfratshausen:Was die Altstadt attraktiver macht

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Viele Kunden wollen nicht nur online einkaufen, sondern auch in den Geschäften der Innenstädte etwas erleben, sagt Expertin Svenja Brüxkes. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ambiente, Parkplätze, geschulte Verkäufer: Expertin stellt Studie vor

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Die Wolfratshauser Innenstadt attraktiver zu machen, das ist seit Langem das Ziel des Werbekreises und des Vereins "Lebendige Altstadt Wolfratshausen" (LAW). Was eine Innenstadt anziehend macht, das hat das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) in einer groß angelegten Studie bei Konsumenten erfragt. Die beiden Vereine hatten daher die Studie erworben und mit ihr einen Vortrag von Referentin Svenja Brüxkes. Die hat die Ergebnisse am Mittwochabend in der Wolfratshauser Flößerei vorgestellt.

"Das Thema geht uns alle etwas an", sagte die Werbekreis-Vorsitzende Ingrid Schnaller zur Begrüßung. Und deshalb habe man auch alle eingeladen. Im bis zum letzten Platz besetzen Roten Saal des Gasthauses saß neben zahlreichen Stadträten, Handels- und Wirtschaftsvertretern auch der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU), dessen Innenstadt gerade eine grundlegende Veränderung erfährt. Wolfratshausen vertrat der Zweite Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD). Die Gäste hörten der IFH-Expertin gespannt zu, wie sie zunächst über die Veränderung im Einkaufsverhalten referierte. Der Onlinehandel verändere das Konsumentenverhalten, erklärte sie. Sein Umsatz sei von 24 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 47 Milliarden im Jahr 2015 gestiegen, was etwa zehn Prozent des gesamten Marktvolumens ausmache. In den einzelnen Branchen sei er immer noch bei Elektroartikeln, Mode und Möbeln am höchsten. Bis 2020 werde der Online-Anteil auf 15 bis 25 Prozent steigen.

Andererseits aber zeige sich, dass unter den Konsumenten die Gruppe der "selektiven Online-Shopper", die also je nach Bedürfnis in Geschäften oder im Internet einkauften, immer größer werde. In ihrer aktuellen Studie liege ihr Anteil bei 56 Prozent. "Der Käufer will haptische Erlebnisse", sagte Brüxkes. Es gebe jedoch eine gestiegene Erwartungshaltung, die die Vorteile des Internets auch auf die realen Läden übertrage: Schnell, bequem und informativ müsse das Einkaufen auch in Innenstädten werden. Das Personal müsse auf gut informierte Kunden vorbereitet sein, die Läden sich im Internet gut präsentieren.

Für die Studie hatte das IFH Konsumenten in 121 deutschen Städten befragt - sechs davon in Bayern. In den Ergebnissen konzentrierte sie sich auf die Größe bis zu 25 000 Einwohner, vergleichbar also mit Wolfratshausen. Dort sei der Durchschnittskonsument 48 Jahre alt, weiblich, besuche die Innenstadt etwa wöchentlich mit dem Auto und gebe ihr eine Durchschnitts-Schulnote von 2,8. 60 Prozent kämen aus der Stadt selbst, 40 Prozent von Außerhalb. Und 56 Prozent mit dem Auto, weshalb viele Parkplätze wichtig seien. "Aber es ist gar nicht so wichtig, dass sie direkt vor dem Geschäft sind."

Denn womit die Innenstädte besonders punkteten, seien Ambiente und Flair, erklärte die Expertin. Dies sei "das mit Abstand wichtigste Kriterium in der Befragung" gewesen. Was wiederum Ambiente ausmache, hätten die meisten damit beantwortet, dass Gebäude und Plätze den Charakter einer Innenstadt prägen. Die Gebäude hätten hier die höchste Relevanz gehabt, die Zufriedenheit mit ihrem Zustand sei jedoch eher mittelmäßig ausgefallen. Um dem öffentlichen Raum mehr Qualität zu geben, schlug die Expertin Maßnahmen wie die Rücknahme des Verkehrs, breitere Bürgersteige, mehr Grün, Außengastronomie und gut gestaltete Außenwerbung vor. Zudem habe es sich bewährt, den Stadtraum als "Bühne für Events" zu nutzen. Ihr Fazit: Die Stadt könne ein Ambiente schaffen, in dem sich die Konsumenten wohlfühlen, indem etwa die "Baukultur" erhalten und saniert werde. Und der Handel müsse Erlebnisse bieten und den Mehrwert der Digitalisierung nutzen.

Die Studie, die LAW und Werbekreis für 2400 Euro erworben hatten (die Hälfte davon zahlte die Stadt aus dem Innenstadtfonds) brachte unterm Strich also wenig Neues für die Gäste. "Ganz viel Neues ist für mich jetzt nicht rausgekommen", konstatierte Sybille Ulbrich. Dass Ernst Gröbmair vom LAW den Vortrag dennoch als "sehr aufschlussreich" bezeichnete, liegt an der Tatsache, dass die Umfrage die Thesen der Vereine für die Altstadtentwicklung untermauert. "Die Studie hat den großen Vorteil, dass sie Dinge aufzeigt, die wir schon festgestellt haben", sagte Fritz Schnaller. Hans Gärtner hätte sich dennoch "mehr Ideen" gewünscht, wie er sagte. Als SPD-Stadtrat Manfred Menke nach den spezifischen Problemen von Wolfratshausen fragte, musste Brüxkes, die erst wenige Stunden zuvor angereist war, passen. Für konkrete Aussagen müsse die Loisachstadt beim nächsten Mal eben an der Umfrage teilnehmen, sagte Gröbmair.

Für die Verbesserungen jedenfalls sind die Wolfratshauser selbst zuständig. Werbekreis und LAW wollen die Studie dafür als Leitfaden nutzen. Es gelte, das Ambiente der Altstadt mit ihrer 1000-jährigen Geschichte erlebbar zu machen, sagte Fritz Schnaller. Nach vielen Grundsatzbeschlüssen sei zwar lange nichts passiert. Aber in den vergangenen Monaten seien mehrere gute Beschlüsse gefasst worden, zum Paradiesweg, zum Hatzplatz oder zum Heimatmuseum. "Es bewegt sich was", sagte der Zweite Bürgermeister. "Wir haben eine Chance, dass wir konkurrenzfähig werden - auch gegenüber Bad Tölz. Aber wir müssen in die Puschen kommen."

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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