Wolfratshausen:Überzeugungs-Arbeit überflüssig

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Der Bürgerladen-Gruppe um Geschäftsführer Michael Ballon (rechts) fällt das Unterschriftensammeln für ihr Bürgerbegehren bisher nicht schwer. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf den Listen für das Wolfratshauser Bürgerladen-Begehren wollen fast alle unterschreiben, die am Stand der Initiatoren vorbeikommen. Diese sammeln so allein am Freitag und Samstag 250 Signaturen ein

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Nein danke, er unterschreibe nichts, sagt der ältere Herr mit dem Strohhut bestimmt. Doch Stefanie Wilke muss ihm nur ganz kurz erklären, dass es um den Bürgerladen geht, den man in dem Eckhaus dort vorne einrichten wolle, und schon stehen der Mann und seine Begleiterin an dem Tischchen am Wolfratshauser Marienplatz und unterzeichnen die Sammelliste für das laufende Bürgerbegehren. Manche winken auch ab und eilen beschäftigt vorbei. Aber wer stehen bleibe, der unterschreibe auch, sagt Michael Ballon, der den Bürgerladen einmal leiten soll. Etwa 250 Unterschriften von Wolfratshauser Wahlberechtigten sind an den ersten beiden Tagen allein auf diese Weise zusammengekommen - und damit hat schon ein knappes Sechstel der etwas mehr als 1500 Bürger unterschrieben, die für ein erfolgreiches Begehren nötig sind.

Die Namen auf den Listen, die in mittlerweile 64 Geschäften vor allem in der Marktstraße und in der Bahnhofstraße, aber auch in einigen Läden in der Peripherie ausliegen, haben die Initiatoren bis zum Sonntag noch gar nicht mitgezählt. Auch nicht die ungefähr 50 Unterschriften von Menschen etwa aus Höhenrain, Egling, Gelting oder Penzberg, die, allen Unkenrufen zum Trotz, immer noch samstags zum Einkaufgen in die Wolfratshauser Marktstraße kommen und dort ebenfalls einen Bürgerladen für sinnvoll hielten. Echte Überzeugungsarbeit muss Bürgerladen-Sprecher Ernst Gröbmair am Samstagmittag vor allem bei einem leisten: beim örtlichen SPD-Vorsitzenden Hans Gärtner, dessen Genossen im Stadtrat immer wieder über fehlende Informationen zu dem Projekt klagen und sich mit manchen Bedenken tragen.

Gröbmair hat dafür wenig Verständnis. Man stehe immer zur Verfügung, aber von den Räten komme keiner und informiere sich, sagt er. Am Samstag zuvor etwa hatte die Gruppe alle Räte eingeladen, aber nur zehn von 25 seien da gewesen - und wieder keiner von der CSU, von der sich die Gruppe geradezu bekämpft sieht, ohne dass sie wüsste warum. Andererseits könne es schon sein, dass einem nur selbst alles so klar sei, weil man sich dauernd damit beschäftigte, räumt Gröbmair ein.

Von denen, die am Samstag die Listen unterzeichnen, macht sich jedenfalls kaum einer die Mühe, den ganzen komplizierten Text zu lesen. Den Anfang Juli mit 13 zu zwölf Stimmen gefassten Ratsbeschluss zum Beispiel, wonach die Stadt das Erdgeschoss im Untermarkt 10, das Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) dem Bürgerladen praktisch versprochen hatte, nicht selbst sanieren soll. Stattdessen soll sie das ganze Haus an einen Investor abgeben und das darin gelegene Heimatmuseum zurückmieten. Am Bürgerladen soll sich die Stadt dafür mit 100 000 Euro beteiligen. Dieser Beschluss ist nach Ansicht der Rechtsaufsicht im Landratsamt auf ungültige Weise zustande gekommen und damit hinfällig. Dennoch wollten ihn die Räte in einer zweiten Sondersitzung am vergangenen Dienstag nicht aufheben. Eine inhaltliche Diskussion gab es auch in diesem zweiten Anlauf nicht, stattdessen verstrickte sich der Rat wieder in Verfahrensfragen und musste sich nach einer Stunde auf den Herbst vertagen. Nun fordern die Laden-Initiatoren per Bürgerbegehren, dass der Beschluss aufgehoben und in dem Haus eben doch ein Bürgerladen eingerichtet wird. Sie zeigen sich zuversichtlich, bis Ende September deutlich mehr als die nötigen Unterschriften gesammelt zu haben.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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