Wolfratshausen:Symbolisch fair

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Der Stadtrat beschließt einstimmig, ein Zeichen zu setzen - für eine gerechte Welt.

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Die Liste der Städte, die Wolfratshausen sich als Beispiel nehmen kann, ist lang. London etwa, ehemals Kapitale eines weltumspannenden Kolonialreichs und bis heute Hauptsitz der europäischen Finanzindustrie, ist schon lange "Fairtrade-Stadt". Das muss nicht heißen, dass es seither bei all den Tradern und Investmentbankern in der City of London immer besonders gerecht zugeht, aber immerhin sollte im dortigen Rathaus fair gehandelter Kaffee und spätnachmittags gern auch ebensolcher Tee getrunken werden, wie er ferner in genügend Londoner Geschäften erhältlich sein muss. Womit sich also etwa London, Brüssel, Bergen, München, Dortmund, Gauting, Bad Aibling und neuerdings Penzberg schmücken können, strebt nun auch Wolfratshausen an. So hat es der Stadtrat beschlossen.

Damit die Internationale Flößerstadt zur Fairtrade-Stadt werden kann, sind gemessen an der Einwohnerzahl vier Läden plus zwei Cafés oder Wirtshäuser nötig, in denen es jeweils mindestens zwei Fairtrade-Produkte gibt. Dazu kommt eine Selbstverpflichtung zum entsprechenden Konsum im Rathaus: Im Bürgermeisterbüro sowie bei allen Sitzungen der Räte müsse künftig Fairtrade-Kaffee sowie mindestens ein weiteres Fairtrade-Produkt verwendet werden, wobei da schon der Zucker im Kaffee reichen würde. So ist es den Antrags-Unterlagen zu entnehmen, die Ulrike Krischke dem Stadtrat im Namen der Bürgervereinigung vorgelegt hat. Geschäfte mit entsprechendem Angebot gibt es in Wolfratshausen demnach genug, und um die Gastronomie, um die örtlichen Schulen, Vereine und Kirchen sowie um die Pressearbeit soll sich eine mindestens dreiköpfige lokale Steuerungsgruppe kümmern, die noch einzurichten wäre und aus Vertretern von Stadtrat, Verwaltung, Weltladen oder Kirchengemeinden bestehen soll.

Über die Einhaltung all dieser Kriterien wacht der Verein "TransFair Deutschland e.V.", dessen Abgesandte ansonsten Kaffeebauern und Zuckerplantagen zertifizieren und deren Produkten dann das Fairtrade-Siegel verleihen. Im Fall der Fairtrade-Städte gibt es das Siegel demnach für zunächst zwei Jahre, dann wird wieder nachgeprüft. Ziel der Bewerbung als Fairtrade-Stadt sei es, "ein konkretes Zeichen für eine gerechtere Welt zu setzen", heißt es in Krischkes Antrag. Wolfratshausen könne sich so als eine "innovative und weltoffene Stadt positionieren", die ihren Bürgern ein Vorbild sei und wertvolle Impulse für die Themen Umwelt, Energie, soziale Verantwortung und globale Gerechtigkeit setze.

Denn der gewissenhafte Kaffeekonsum im Wolfratshauser Bürgermeisterbüro mag global gesehen der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein, doch mit dem Antrag geht es Krischke erklärtermaßen vor allem um die Symbolwirkung. Das Fairtrade-Siegel stehe "für gute Arbeitsbedingungen, gegen illegale Kinderarbeit, für stabile Mindestpreise, für langfristige Handelsbeziehungen und für einen umweltschonenden Anbau in allen Teilen der Welt". Dagegen mag kein Wolfratshauser Stadtrat wirklich etwas haben: Das Gremium setzte das beantragte Zeichen ohne Diskussion und Gegenstimme.

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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