Tiefe Blechblasinstrumente:Raus aus dem Schattendasein

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Musikschullehrerin Birgit Grabenbauer schwärmt für das tiefe Blech. In Wolfratshausen stellt sie Tenorhorn, Eufonium und Posaune Interessierten in der Musikschule vor

Von Sabine Näher, Wolfratshausen

Neue Besen kehren gut. Und neue Mitarbeiter bringen oftmals frischen Wind in den Laden. Im Falle von Birgit Grabenbauer, die im Herbst als Lehrkraft für tiefes Blech an der Wolfratshauser Musikschule begonnen hat, gilt dies im doppelten Sinne: Ohne Wind oder gut geführten Luftstrom läuft gar nichts bei den Instrumenten, denen sich die Vitalität versprühende junge Frau aus der Steiermark verschrieben hat. "Das tiefe Blech: Das ist alles unterhalb der Trompete", hatte Musikschulleiter Manfred Heller das die Saalkapazität sprengende Publikum begrüßt. "Diese Instrumente führen leider meist ein Schattendasein, denn vorne steht immer die Trompete." Aus dem Schatten heraus holen und ins rechte Licht rücken wollte Grabenbauer ihre verkannten Lieblinge: das Tenorhorn, das Eufonium und die Posaune.

Nicht nur diese Instrumente hatte sie zum Anschauen und Ausprobieren mitgebracht, sondern auch zahlreiche Musiker aller Altersstufen, die gleich eindrucksvoll demonstrierten, was sich mit dem tiefen Blech so alles anstellen lässt. Das Posaunenensemble der Musikschule unter Grabenbauers Leitung machte mit den erhabenen Klängen eines Bordun-Marsches die Eröffnung. "So ähnlich hat das geklungen, wenn im Mittelalter die Turmbläser ihre Signale gegeben haben. Da wussten die Stadtbewohner gleich, was auf sie zukommt: ein kriegerischer Angriff - oder der Postbote", vermittelt die engagierte Musikerin ganz nebenbei auch noch Musikgeschichtliches. Auf die Zuhörer im Saal kam nun die Bläserklasse der Realschule unter Leitung von Andreas Schöbinger zu, und zwar mit lustigen Variationen über "Ist ein Mann in Brunn' gefallen". "Wir haben erst im Herbst angefangen: Einmal pro Woche findet die Ensembleprobe statt, und jeder hat auch einmal Einzelunterricht", fasst Schöbinger das Projekt, das das Erlernen eines Instruments in die Schule verlagert, zusammen.

Stattlich und mit sattem Klang: Die Tuba ist das größte Instrument in der Familie der Blechblasinstrumente. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Für einen frühen Start an der Posaune warb indes Grabenbauer. Da es mittlerweile auch kleinere Instrumente für Kinder gebe, könne man schon so ab sieben Jahren mit dem Unterricht beginnen. "Geht auch mit Zahnlücke oder fester Zahnspange", gibt die Lehrerin praxisnahen Einblick. Mit diesen Problemen braucht sich der Evangelische Posaunenchor, der eine klanggewaltige Fanfare bietet, nicht mehr herumzuschlagen. "Wie ihr seht, macht das Spielen auch im fortgeschrittenen Alter noch Spaß", will dessen Leiter Klaus Peter Scharf die älteren Semester im Saal, denen die Angebote der Musikschule ebenfalls offenstehen, ansprechen. Im Posaunenchor quasi als "mobile Orgel" eingesetzt, die bei Freiluftgottesdiensten das Kircheninstrument ersetze, sei die Posaune auch in Klassik, Jazz und Rock einsetzbar. Und in der Volksmusik, erklärt Grabenbauer und beweist das eindrucksvoll mit einem kleinen Ensemble aus Klarinette, Posaune und Harmonika. Letztere hat sie als "Klavier der Steiermark" selbst übernommen. "Das war jetzt unser allererster Auftritt", freut sie sich mit ihren Schülern gemeinsam. Dann stellt sie das Tenorhorn ("Das Cello der Blasmusik, mit einem besonders weichen Klang"), das Eufonium ("Bestens als Einsteigerinstrument für jüngere Kinder geeignet") und die Tuba ("Das größte Instrument der Blechbläserfamilie; schaut mal bei Youtube rein, was man alles damit machen kann") näher vor. Das Tubaquartett der Stadtkapelle unter Leitung von Christian Tomsu demonstriert mit der geheimnisvoll-düsteren Filmmusik aus "Fluch der Karibik" sogleich, was sie meint.

Die Jugendformation der Stadtkapelle bringt darauf fetzigen Blasorchester-Sound. "Wer mindestens zwei Jahre Unterricht hat, darf mitspielen", sagt Tomsu. "Und fehlende Stimmen werden aus der Stadtkapelle ersetzt, so haben wir immer ein volles Ensemble und sehr große Repertoiremöglichkeiten." Zum Schluss zieht Grabenbauer noch einen Trumpf aus dem Ärmel: Drei Herren sind aus München angereist, um mit ihr als Posaunenquartett "Die Bremer Stadtmusikanten" aufzuführen. Claus Jäkel, Andreas Oblasser und Philipp Hasselt sind Mitglieder der Münchner Symphoniker und wollen der Kollegin helfen, neue Aspiranten für das tiefe Blech zu finden. Beim anschließenden Ausprobieren der Instrumente schaut es ganz so aus, als würde der Deal aufgehen.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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