Wolfratshausen:Pech bei der Herbergssuche

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Assunta Tammelleo nahm die Flüchtlinge bei sich auf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Familie aus Albanien wird zur falschen Unterkunft geschickt

Von Felix Matthey, Wolfratshausen

Die Tür verschlossen, nichts zu trinken oder zu essen im Gepäck, kein Geld und dazu noch kein Ansprechpartner, an den man sich wenden könnte. In dieser Situation fand sich am Dienstagabend gegen 19 Uhr eine vierköpfige Familie aus Albanien wieder, als sie vor der ihr zugewiesenen Unterkunft in Waldram stand. Im Erdgeschoss wohnte bereits eine junge syrische Frau. Die konnte der Familie aber auch nicht wirklich weiterhelfen, da sie erstens nur Arabisch spricht und zweitens keinen Schlüssel zur Wohnung hatte. Die Familie fürchtete, sie müsse die Nacht unter freiem Himmel verbringen.

Anwohnerin Assunta Tammelleo, die den Geltinger "Hinterhalt" betreibt, half weiter, versuchte bei der zuständigen Behörde, der Regierung von Oberbayern, noch einen Sachbearbeiter zu erreichen. Vergeblich. Tammelleo zeigt sich empört. "Was die meisten mittelständischen Handwerker schaffen, nämlich eine Notrufnummer für dringende Fälle anzugeben, ist für die Regierung von Oberbayern leider nicht möglich", schrieb sie in einer E-Mail. Tammelleo brachte die albanische Familie erst einmal bei sich zu Hause unter.

Auf Nachfrage der SZ beim Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen stellte sich heraus, dass es sich bei all dem um ein großes Missverständnis handelte. Die Familie hätte eigentlich gar nicht nach Waldram geschickt werden dürfen, ihr Bescheid sei nach Kenntnis des Landratsamts von der Regierung von Oberbayern in München storniert worden. "Wir waren für die Familie nicht zuständig und auch gar nicht darüber informiert, dass sie kommt", sagte Sozialamtsleiter Thomas Bigl.

Die Familie werde nun nach München zurückgeschickt, anschließend bekomme sie dann eine Unterkunft zugeteilt. In Fällen wie dem von Dienstag rät Bigl dazu, die Polizei zu verständigen. "Dafür wurde extra ein Notfallkonzept erstellt", sagt er. "Die Polizei kann bis zu zehn Flüchtlinge vorübergehend aufnehmen und versorgen." Der Vorfall in Waldram sei bedauerlich, könne angesichts der Menge an Flüchtlingen aber gelegentlich vorkommen. Bigl sagt: "Manchmal greifen die Mechanismen einfach nicht. Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet, aber gleichzeitig auch extrem ausgelastet." Für eine Notfallnummer, wie sie sich Tammelleo wünscht, sei schlichtweg keine Kapazität vorhanden.

Bigl lobte insgesamt den Einsatz der Bevölkerung im Landkreis. Ein Großteil zeige sich solidarisch mit den rund 600 Flüchtlingen, die derzeit in der Region leben. Viele ehrenamtliche Helfer leisteten Sprachhilfe oder begleiteten die Flüchtlinge zu Ärzten oder Behörden. "Uns sind kaum Übergriffe bekannt, die Stimmung im Landkreis ist ausgesprochen gut", betont Bigl.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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