Wolfratshausen:Oksana Lyniv an der Loisach

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Ausnahme-Dirigentin präsentiert mit der Neuen Philharmonie München ein einzigartiges Programm

Von Anja Brandstäter, Wolfratshausen

Für diese zarte Frau müssen vier Stuhlreihen herausgenommen werden: Vivi Vassileva, eine der besten Schlagzeugerinnen Deutschlands, bringt ein riesiges Schlagwerk mit: Marimba, Vibrafon, Glockenspiel, chinesische Pai-Gu-Trommeln, Buckelgongs, Holzblöcke, Kuhglocken und Bambusglocken sind darunter. Mit diesen Instrumenten bewältigt die hochbegabte 22-Jährige Tan Duns Werk "The Tears of Nature" - zu hören am 14. März in der Loisachhalle in Wolfratshausen. An diesem Abend wird es auf der Bühne eng werden: 95 junge Musiker aus ganz Europa, die derzeit die Neue Philharmonie München (NPhM) bilden, interpretieren drei außergewöhnliche Werke.

Das Dirigat übernimmt Oksana Lyniv, bisher Assistentin des Generalmusikdirektors der Bayerischen Staatsoper, Kirill Petranko. In der Saison 2017/18 wird sie Chefdirigentin der Grazer Oper und des Grazer Philharmonischen Orchesters. Für ihre präzise Arbeitsweise ist die 39-Jährige ebenso bekannt wie für ihre Kraft und Leidenschaft. Eine gute Gelegenheit also, diese Ausnahmekünstlerin noch einmal in Bayern zu erleben.

Auf dem Programm stehen drei Meisterwerke. Lediglich das dritte ist hierzulande bekannt, es handelt sich um "Ein Heldenleben" von Richard Strauss. Die anderen beiden Komponisten tauchen dagegen nur selten in deutschen Programmheften auf: der aus der Ukraine stammende Myroslaw Skoryk, 1938 in Lemberg geboren, und der chinesische Komponist Tan Dun. Skoryk ist der wohl bekannteste und angesehenste ukrainische Komponist. Sein "Huzulisches Triptychon" war zunächst für den Film "Feuerpferd" entstanden. Dieser Film feierte international große Erfolge. Die Musik ist tonal, folkloristisch und eingängig. Tan Dun hingegen feiert auch außerhalb seiner Heimat große Erfolge. Die Zeitschrift "Oper" kürte ihn 1994 zum Komponisten des Jahres. 2000 bekam er einen Oskar für seine Filmmusik zu "Tiger and Dragon".

Eine außergewöhnliche Mischung also, die das Konzertpublikum erwartet. Wie kommt eine solche Zusammenstellung zustande? "Oksana Lyniv hat sofort zugesagt, als wir sie darum baten, die Neue Philharmonie München zu dirigieren", sagt Franz Deutsch, Leiter der Musikwerkstatt Jugend in Icking, bei der die NPhM angesiedelt ist. "Sie wollte unbedingt einen ukrainischen Komponisten mit ins Programm nehmen." Die Idee, Tan Duns "The Tears of Nature" zu spielen, habe wiederum Peter Sadlo gehabt, der dann aber im Vorjahr unerwartet starb. Er hatte das Werk selber spielen wollen. "Wir mussten also schnell einen Ersatz finden", sagt Deutsch.

Vivi Vassileva war Sadlos Schülerin. 2014 gelangte sie ins Semi-Finale des ARD-Musikwettbewerbs. Für Deutsch ist sie nun die "ideale Besetzung". Im vergangenen Jahr hat Vassileva bereits einmal in der Loisachhalle konzertiert. "Vivi ist eine ausdrucksstarke Persönlichkeit", schwärmt Deutsch, "sie zieht das Publikum in ihren Bann." Ursprünglich war "The Tears of Nature" ein Auftragswerk, das Tan Dun Martin Grubinger gewidmet hat. Mittlerweile ist es eines der erfolgreichsten zeitgenössischen Stücke.

Der Aufwand, diesen Abend zu meistern, ist immens. Nicht nur, dass für alle drei Werke Gema-Gebühren anfallen. "Die jungen Musiker müssen untergebracht, Noten gekauft und Urheberrechte berücksichtigt werden", sagt Deutsch. Besonders teuer seien die Transportkosten für die Instrumente. Die jungen Musiker kommen bei diesem Projekt wieder aus ganz Europa. "Das spricht sich über Facebook herum", erklärt Deutsch. Alle haben bereits ein hohes Niveau erreicht.

14 Nationen sind vertreten, darunter Portugal, Spanien, Ukraine, Lettland, Holland, Dänemark. Die gemeinsamen Proben beginnen am 5. März im ehemaligen Kloster Pielenhofen. Dort treffen die jungen Musiker auf ihre Dozenten. Neun ausgezeichnete Profimusiker unterrichten die verschiedenen Instrumentalgruppen. Für die Violinen konnte zum Beispiel Daniel Nodel gewonnen werden, er spielt im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Ab dem fünften Tag proben alle zusammen mit Oksana Lyniv. Sie ist für den Feinschliff zuständig. "Ich bin schon gespannt, wie sie das gigantische Strauss-Werk meistern wird", begeistert sich Deutsch.

"Positive Integration" nennt er das Musikprojekt. "Hier wird Europa gelebt." Sein größter Wunsch ist eine volle Loisachhalle mit neugierigen Zuhörern. So ein vielfältiges Programm bekommt man jedenfalls selten zu hören.

Dienstag, 14. März, 20 Uhr, Loisachhalle, Wolfratshausen; die Neue Philharmonie München sucht noch private Unterkunftsmöglichkeiten, Info unter www.nphm.info, Karten über München Ticket

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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