Wolfratshausen:Mit dem Fahrrad zum Sprachkurs

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Schrauben für die Flüchtlinge: Franz Laschinger (li.) und Erwin Braukmann reparieren Fahrräder in der neuen Werkstatt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Helferkreis Asyl in Wolfratshausen vergibt Räder an Flüchtlinge in einer neuen Werkstatt an der Bahnhofstraße

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Mehr als ein Jahr lang hat der Helferkreis Asyl in Wolfratshausen nach einer Fahrradwerkstatt gesucht. Schließlich können Flüchtlinge, gerade wenn sie einen Job haben oder einen Deutschkurs besuchen, ein Fahrrad gut gebrauchen. Zudem wurden viele Räder gespendet. Herrichten musste sie Franz Laschinger bislang allerdings bei sich zu Hause. Nun aber gibt es eine Radlwerkstatt: im Keller des Hauses an der Bahnhofstraße 14, unterhalb der Wohngruppe für zwölf minderjährige Flüchtlinge. Am Mittwoch wurden die Räume öffentlich vorgestellt.

Auch Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) wollte sie sich ansehen und kam auf dem Elektrorad der Stadt. Im Keller ließ er sich vom Projektleiter Erwin Braukmann die Werkstatt erklären. Zwischen zahlreichen Rädern erläuterte Braukmann die Checkliste, die es für jedes Fahrrad gibt: Licht, Bremsen, Gangschaltung - alles wird einzeln geprüft und gegebenenfalls repariert. Ist das Rad fahrtüchtig, wird es registriert und bekommt einen Aufkleber. Dann händigen es die Werkstattbetreiber dem jeweiligen Asylbewerber aus. "Wir schauen schon, ob der Nutzer damit umgehen kann", sagte Braukmann. "Vom Fahrrad fallen sollte er nicht." Eine Schulung gebe es allerdings nicht. Wie die Vorsitzende des Helferkreises, Ines Lobenstein, sagte, würden aber Gespräche mit der Polizei geführt, um ein Fahrsicherheitstraining für Flüchtlinge zu veranstalten.

Um in der Werkstatt ein Rad zu bekommen, braucht jeder Asylbewerber einen Berechtigungsschein, den der Helferkreis ausstellt. Zwar sei es langfristig das Ziel, dass jeder Flüchtling, der fahren kann und möchte, auch ein Rad bekomme, sagte Lobenstein. Vorrangig seien jedoch die dringenden Fälle. Deshalb bekämen vor allem diejenigen ein Rad, die etwa zum Job oder zum Sprachkurs müssten. Die Berechtigungsscheine sollen auch Anreiz sein, "Integrationswillen zu zeigen", sagte Lobenstein. Und verhindern, dass jemand zwei Räder holt. Denn auch wer sein Rad zur Reparatur bringt, muss das Papier zeigen.

Braukmann ist fast täglich in der Werkstatt. Die meiste Arbeit machten Licht, Schaltung und Bremsen, erklärt er. Franz Laschinger kommt jeden Mittwoch in den Fahrradkeller. An anderen Tagen schraubt der Vater von drei Kindern zu Hause an den Rädern, die er sich regelmäßig mitnimmt. Braukmann und Loschinger sind froh über den Kellerraum, den die Jugendhilfeeinrichtung Inselhaus vermittelt und die Stadt zur Verfügung gestellt hat. Organisiert wird die Werkstatt von der Diakonie Oberland, mit welcher der Helferkreis einen Kooperationsvertrag geschlossen hat. Dank einer Anschubfinanzierung der Kolpingfamilie Waldram konnte die erste Ausstattung angeschafft werden.

Braukmann will die Asylbewerber in die Werkstatt einbinden. Manchmal helfen ihm Jugendliche aus der Wohngruppe im Haus, erzählt er. Es gebe "vier, fünf Leute, die großes Interesse am Schrauben zeigen, und die ich immer anrufen kann." Langfristig, so wünscht er sich, soll es in jeder Unterkunft jemanden geben, der dort für die Wartung der Räder zuständig ist.

Zu Beginn der Saison haben er und Loschinger viel zu tun. Schließlich gibt es im Keller an der Bahnhofstraße noch einen weiteren Raum voll mit Fahrrädern. Der liegt allerdings hinter dem Heizungskeller. Überhaupt ist die Werkstatt von den Räumlichkeiten her nicht gerade ideal: Es gibt keine Fenster und kein Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. Aber immerhin genug Platz für Räder. Von denen kann der Helferkreis übrigens noch viele gebrauchen. Nur gut erhalten, sagt Braukmann, sollten sie schon sein. Wer noch ein altes Rad hat und es spenden möchte, kann es entweder am Dienstag zwischen 16 und 18 Uhr in die Fahrradwerkstatt an der Bahnhofstraße 14 bringen (Seiteneingang Rückgebäude) oder einen Termin ausmachen unter Telefon 0163/7622810, respektive 0173/9127837.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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