Wolfratshausen:Meisterhaftes Spiel

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Klassik trifft Moderne: Markus Maier, Frank Schüssler und Stefan Mishula (von links). (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Saxofontrio "Sax Allemande" bringt den "Imaginary Salo(o)n" in die Wolfratshauser Loisachhalle

Von Reinhard Szyszka, Wolfratshausen

Energischen Schrittes betreten die drei Musiker die Bühne, und noch in den Auftrittsapplaus hinein beginnen sie zu spielen. Schwungvoll und rhythmisch kam die Musik daher, getragen von souveräner Beherrschung der Instrumente und absoluter Übereinstimmung in der Interpretation. Die drei Saxofonisten Frank Schüssler, Stefan Mishula und Markus Maier spielen seit 20 Jahren als Trio Sax Allemande zusammen und verstehen sich blind. Der "Magnetic Rag" von Scott Joplin eröffnete das Programm, gefolgt von einem Capriccio - original für Klavier - von Johannes Brahms.

Joplin und Brahms sind zwei Komponisten, die man - so drückte es Markus Maier in seiner kurzen Einführung aus - nicht unbedingt in einem Atemzug nennt. Dennoch gibt es erstaunliche biografische Parallelen, denn beide mussten in ihrer Jugend in eher anrüchigen Lokalen auftreten, um Geld zu verdienen - Brahms in den Spelunken des Hamburger Rotlichtmilieus, Joplin in den Honky-Tonks der amerikanischen Südstaaten. Auf dieser Beobachtung basiert die Grundidee des Programms "Imaginary Salo(o)n", das einen europäischen Salon und einen amerikanischen Saloon zusammenführt.

Dieses Konzept ging vor allem im zweiten Teil des Programms gut auf. Die Saxofonisten präsentierten drei Walzer von Johannes Brahms und direkt danach "Pleasant Moments" von Scott Joplin, ebenfalls ein Werk im Dreiertakt. Und siehe da: In dieser Gegenüberstellung klang Joplin wirklich ein wenig nach Brahms und Brahms nach Joplin. Die Brahms-Walzer sind ursprünglich für Klavier zu vier Händen geschrieben, liegen aber auch in zweihändigen Fassungen vor. Sax Allemande hatte sich geschmackvolle Arrangements der Walzer zurechtgelegt, keine Verjazzungen, denn die originalen Harmonien von Brahms blieben unangetastet, wohl aber Erweiterungen, fast improvisiert wirkende Umspielungen der Melodien und auch der Begleitfiguren. Durchaus möglich, dass es der Komponist bei seinen eigenen Auftritten ähnlich praktizierte.

So weit, so gut. Dass die Musiker aber auch Felix Mendelssohn Bartholdy und den polnisch-französischen Komponisten Alexandre Tansman in ihr Programm mit einbezogen, hätte nicht unbedingt sein müssen und lief dem so schlüssigen, so überzeugenden Konzept des Abends im Grunde zuwider. Die viersätzige Suite von Tansman bewegt sich überwiegend in freier Atonalität, um ganz zuletzt doch in einen versöhnlichen Dur-Akkord zu münden. Und Mendelssohns "Lieder ohne Worte" haben nun so gar nichts mit Tanz- oder Salonmusik zu tun: Es sind reine Klavierwerke, vom Pianistischen her empfunden und komponiert. Wenn man diese Stücke auf Saxofonen spielen will, dann kann man es nicht besser, geschmackvoller, musikantischer machen als Sax Allemande. Die Frage bleibt, ob man es machen muss. Da hält man sich besser an Scott Joplin und vor allem George Gershwin. Werke dieser beiden Meister zogen sich wie ein roter Faden durchs Programm, und hier konnten die drei Musiker die ganze Bandbreite ihres Könnens ausspielen; gelegentlich eingebaute kleine Kadenzen waren bei dieser Musik passend und angemessen.

Die Künstler zeigten auch, zu welcher Fülle an Klangfarben und Schattierungen ein Saxofon in der Lage ist, und in wie vielfältiger Weise es zum Klingen gebracht werden kann. Und immer wieder beeindruckte das meisterliche Spiel von Sax Allemande. Die drei Musiker brauchten kaum Blickkontakte oder Zeichen, dennoch kam jeder Einsatz, jede Temporückung, jede dynamische Abstufung völlig synchron.

Die Loisachhalle war nicht so gut gefüllt wie sonst bei den Konzerten von "Klassik pur"; das ungewohnte Programm und die unkonventionelle Besetzung hatten wohl einige Abonnenten und Stammgäste abgeschreckt. Diejenigen, die gekommen waren, bekamen eine eindrucksvolle Präsentation meisterhaften Saxofonspiels geboten. Sax Allemande bedankte sich für den begeisterten Schlussapplaus mit zwei Arien aus Mozarts "Don Giovanni" und ganz zuletzt mit Gershwins unvermeidlichem "Summertime" - obwohl draußen mittlerweile der Herbst Einzug gehalten hat.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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