Wolfratshausen:Lohn für die Bauarbeiter

Lesezeit: 2 min

Der Fall der ausgebeuteten Bauarbeiter in Wolfratshausen ist für den Zoll in dieser Härte selten, für die IG Bau nichts Ungewöhnliches. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Der Zoll und die Gewerkschaft beurteilen den Betrug an Bauarbeitern in Wolfratshausen unterschiedlich. Ein IG Bau-Sprecher sagt, dergleichen sei in Deutschland gang und gäbe

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Die in Wolfratshausen von einem Sub-Unternehmer sitzen gelassenen Bauarbeiter sollen an diesem Freitagabend entlohnt werden: Der Generalunternehmer Porr Deutschland hat sich nach eigenen Angaben mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) geeinigt und eine Bezahlung in Aussicht gestellt. Auch der zweite Generalunternehmer, Tom Leitner aus Geretsried, erklärt, er werde bezahlen, und zwar "mindestens den Mindestlohn". Die Übergabe soll am Freitagabend in den Büros der Industriegewerkschaft (IG) Bau stattfinden. Die 14 Bauarbeiter erhalten ihren Lohn in bar, da man von ihnen keine Kontodaten habe, sagte Leitner.

Der slowenische Sub-Unternehmer hatte die Bauarbeiter vor etwa zwei Wochen in Wolfratshausen zurückgelassen, ohne sie zu bezahlen. "Wir spüren wieder, wie Sklavenhandel betrieben wird", sagt Karl Bauer, stellvertretender Regionalleiter der IG Bau. Helfen könne man ausgebeuteten Arbeitern jedoch nur, wenn sie von selbst zur Gewerkschaft kämen, bevor das Schlimmste passiert sei: "Nur dann können wir die Menschenhändler dingfest machen."

Schon vor rund acht Jahren habe es eine Welle solcher Fälle gegeben, sagt Bauer, damals vor allem mit polnischen Bauarbeitern. Dann habe es sich in Polen herumgesprochen und die Zahl sei zurückgegangen - nur um vor einem Dreivierteljahr wieder sprunghaft anzusteigen. Das Markante, so Bauer: Die Namen der Schuldigen zeigten, dass es sich um dieselben schwarzen Schafe handele wie damals in Polen - nur dass sie diesmal nicht polnische Bauarbeiter im Visier hätten, sondern sich ihre Opfer in Rumänien oder Slowenien suchten. "Die machen das mit den übelsten Tricks."

Eine systematische Ausbeutung osteuropäischer Bauarbeiter sieht das Hauptzollamt Rosenheim nicht. 170 Beamte sind von früh bis spät in ihrem Einzugsgebiet unterwegs, um Baustellen zu kontrollieren: Sie prüfen, ob die Arbeitsgesetze eingehalten, die Bauarbeiter nach Tarif bezahlt und Urlaubsansprüche berücksichtigt werden, ob auf der Baustelle Beschäftigte ohne Sozialversicherung arbeiten oder Hartz IV empfangen. Routinekontrollen, sagt ein Sprecher: Fälle wie der in Wolfratshausen seien jedoch zumindest in ihrem Einzugsgebiet die Seltenheit und "ziemlich krass".

Aufregung hatte auch die schäbige Unterkunft ausgelöst, in der die Arbeiter seit Januar gelebt haben. Die Eigentümerin vermietet das 200 Jahre alte Haus an die Firma Leitner, die Arbeiter darin unterbringt. 2009 sei das Haus für diesen Zweck durch Leitner umgebaut und dabei etwa um eine zweite Dusche erweitert worden. "Es ist kein Luxus, es ist ein altes Haus mit zwei Meter hohen Wänden. Aber es ist bewohnbar", sagt die Eigentümerin. Die Verhältnisse als "menschenunwürdig" zu bezeichnen, wie es der Wolfratshauser Bürgermeister Klaus Heilinglechner Anfang der Woche getan hatte, halte sie für übertrieben. Das einzige, was sie menschenunwürdig finde, sei, dass diesmal so viele Männer "hineingepfercht" wurden: 14 insgesamt. Bislang hätten immer maximal acht Männer gleichzeitig darin gelebt.

Das sagt auch Leitner-Geschäftsführer Tom Leitner am Montag: Im Vergleich zu einem Container sei das Haus gut ausgestattet. Seine Mitarbeiter hätten es inzwischen besucht und "nichts Negatives" feststellen können, erklärt Leitner.

Saubere Unterkünfte seien keine Seltenheit, sagt IG-Sprecher Bauer. Wenn es allerdings mit Sub-Unternehmern Probleme gebe, dann sehe man das in der Regel auch an den Unterkünften.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: