Wolfratshausen:Kunstvoll aufgeräumt

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Christiane Leimklef setzt den globalen Plastikmüll in Szene. Besonders eindrucksvoll sind in der Ausstellung der Wolfratshauser Klinikgalerie die Tuschearbeiten der humorvoll-kritischen Malerin.

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Wer so malt, muss es können: Menschen, Tiere, Szenen mit Tusche auf Packpapier geworfen - da wird nichts zur Seite gelegt, später korrigiert oder hier und da ein wenig übermalt. "Die meisten Sachen sind in einem Zug, und das muss sitzen. Sollte sitzen", sagt Christiane Leimklef. Bei ihr sitzt es. Und nicht nur das: Die Künstlerin aus Ebenhausen verfügt neben Begabung und handwerklichem Können auch über Fantasie und eine gute Portion Witz. Zu sehen derzeit in der Galerie der Kreisklinik Wolfratshausen.

Christiane Leimklef, Jahrgang 1943, stammt aus Galizien, landete nach dem Krieg mit den Eltern in München, studierte Innenarchitektur mit Malerei und leitete einige Jahre lang den väterlichen Betrieb, eine Stahlrohrmöbel-Fabrik. Dann war endlich Zeit fürs Eigentliche: "Ich wollte immer Malerin werden."

Sie ließ sich acht Jahre lang bei dem bedeutenden Künstler Walter Raum ausbilden und arbeitet seitdem freischaffend. Sie war und ist immer wieder an Ausstellungen von Fürstenfeldbruck bis Rosenheim beteiligt, hat sich im Münchner Haus der Kunst präsentiert und öffnet seit 14 Jahren regelmäßig ihr Haus während der Ateliertage Berg/Icking. Seit zehn Jahren geht sie einer ganz eigenen Kunst nach - der des Aufräumens.

Sie sammelt und arrangiert, was die Welt wegwirft

In den "Aufräumarbeiten" kommt nicht nur der Witz der Künstlerin zum Ausdruck, sondern auf eine wunderbar unaufdringliche Weise auch eine ernste Kritik an unserer Gesellschaft: an der Wegwerfmentalität und an der gnadenlosen Umweltverschmutzung. All dies spricht Leimklef nicht aus, sie legt es auch nicht in Titeln und Bildbeschriftungen dar. Ihre "Aufräumarbeiten" sind selbsterklärend.

Neben Malereien auf Packpapier findet auch Treibgut, welches an Strände gespült wird, Wiederverwendung bei Christiane Leimklef. Unter dem Projekttitel 'Aufräumarbeiten am Meer' entstand diese Sammlung. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auf den ersten Blick scheinen es unspektakuläre Holzkästchen zu sein, doch sie bergen den Abfall der Welt, Plastikabfall zumeist: hier ein Püppchen und ein Rädchen, dort ein kaputter Federball, dazwischen Sonnenschirmspitzen, ein kleiner Delfin und eine King-Kong-Figur . . .

Christiane Leimklef, die zusammen mit ihrem Mann ein Häuschen auf einer griechischen Insel hat, braucht dort nur am Meer entlangzuspazieren und hat auf eins, zwei einen Fundus an Material beisammen. Gerade im Januar werde da viel angespült, sagt sie. Die Künstlerin sammelt, sortiert, arrangiert und malt alles weiß in Weiß an. Auch wegen dieser Farblosigkeit ist es eine zurückgenommene Bildsprache, aber wer hinschaut, versteht sie gut.

Das gilt auch für eine der großen Tusche-Arbeiten, die aktuell in der Klinikgalerie ausgestellt sind: Die hochformatige "Kuh-Versammlung" gibt sich zwar nicht gleich als solche zu erkennen, man kann sie auch als virtuos komponiertes abstraktes Gemälde anschauen. Doch wenn man die Kühe erst einmal entdeckt hat - Kopf an Kopf über Kopf an Kopf - weiß man, worum es hier geht. Massentierhaltung - nein, danke!

Doch es gibt auch Werke zu sehen, die einfach schön und farbenfroh sind - die Zirkus-Trilogie in Mischtechnik mit Acryl und Ölkreide - oder köstlich humorvoll: "Hic salta!" heißt eine quirlige Tusche-Arbeit, auf der eine Unmenge Frösche hüpfen und purzeln, ein großes Über- und Miteinander, im rechten unteren Eck schauen zwei einander begattende Artgenossen dem munteren Treiben der anderen zu.

Auslöser für die Schau in der Klinikgalerie war ein anderes Tier-Gemälde, eines, das Kamele zeigt. Dorit Rosnitschek-von Eicken, stellvertretende Vorsitzende des Klinik-Fördervereins und mit Christiane Leimklef befreundet, sah es und wollte es zeigen. Die Künstlerin ließ sich überreden und war sogar inspiriert, mehr Kamele zu malen - Kamelbeine auf dem einen Bild, Kamelköpfe auf dem anderen. Zum Streicheln echt und doch ganz eigenwillig dargestellt, freundlich, knubbelig, in sich ruhend.

Auf Lanzarote, wo Leimklef hin und wieder eine Arbeitswoche mit Kolleginnen verbringt, ist sie schon einmal auf einem Kamel geritten. "Mensch und Tier" hat die Künstlerin die ganze Ausstellung in der Klinik benannt. 31 Werke sind in drei Gängen im Erdgeschoss versammelt.

Wer sich besonders für den gut sitzenden Tuschestrich der Künstlerin interessiert, sollte die kleineren Arbeiten genauer anschauen: Wie Polyphem und die anderen Zyklopen da Odysseus und seine Gefährten bedrohen, wie eine Ziege und ein Dompteur mit Sprungreif einander gegenüberstehen und man weiß nicht, wer da mehr bangt; wie jemand auf einer Leiter balanciert ("Fly me to The Moon") - das ist alles kunstvoll und gekonnt.

Christiane Leimklef: Mensch und Tier, Malerei & Plastik, Klinikgalerie, Moosbauerweg 5, Wolfratshausen; bis 30. Januar

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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