Wolfratshausen:Im Rathaus ist Vertrauen Mangelware

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Das Verhältnis zwischen dem Wolfratshauser Bürgermeister und den Stadträten ist schwer belastet

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Die Sitzung ist erst sechs Wochen her, aber sie ist schon als "Entschuldigungssitzung" in den Sprachschatz der Stadträte eingegangen. Der Wolfratshauser Bürgermeisters Klaus Heilinglechner (BVW) hatte Abbitte dafür geleistet, dass er den Räten einen absehbaren Anstieg der Sanierungskosten für das Haus am Untermarkt 10, in das der Bürgerladen einziehen soll, mit Bedacht vorenthalten hatte. Nun sei wieder die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gelegt, nachdem der Streit einiges an Kraft gekostet und von der Sacharbeit abgelenkt habe - so hatte SPD-Fraktionssprecher Fritz Meixner Heilinglechners Auftritt kommentiert. Die Räte dankten dem Bürgermeister für die Entschuldigung. Doch neues Vertrauen haben sie seither nicht gefasst.

Das weiß auch Heilinglechner selbst. "Momentan beruht das auf Gegenseitigkeit. Ich habe gerade auch nicht das große Vertrauen in die Stadträte", sagt er dazu. Während die Räte ihm vorhalten, dass er entscheidende Informationen erst am Nachmittag vor der Sitzung per E-Mail verschickt, beklagt sich der Bürgermeister über Verfahrenstricks und buchstäblich in letzter Minute vorgelegte Anträge, mit denen unliebsame Entscheidungen wie beim Bürgerladen verzögert und verhindert werden sollten. Erweise sich ein so gefasster Beschluss als ungültig wie bei der De-facto-Privatisierung des Hauses im Untermarkt, beharrten manche Räte trotzdem darauf, weil die Einschätzung der Rechtsaufsicht nur in Form eines Aktenvermerks vorliege und nicht als offizielles Schreiben. So blieb die Debatte über den Bürgerladen auch in der zweiten Sondersitzung vor einer Woche von Verfahrensfragen geprägt, ehe sich die Räte vertagten. Er habe kein Verständnis dafür, "dass man die ganze Problematik an der Vorgehensweise des Bürgermeisters festmacht", sagt Heilinglechner, räumt aber ein, dass es beim Bürgerladen "eine gewisse Hektik" gegeben habe. "Aber ich habe nicht mehr Informationen und halte da überhaupt nichts zurück", entgegnet er auf die Vorwürfe aus dem Rat. Dabei sieht er auch die Reihen in der Stadtverwaltung nicht immer geschlossen: "Ich habe hier im Rathaus sicher auch nicht überall Leute, die an den Bürgerladen glauben." In seiner Bürgervereinigung sieht es ähnlich aus, auch dort wächst die Ungeduld.

Von der Sitzung an diesem Dienstag um 18 Uhr erwartet der Bürgermeister nun klare Aufträge, was die Stadtverwaltung zum Bürgerladen bis zum Herbst vorbereiten soll - unter dem Eindruck des laufenden Bürgerbegehrens, mit dem die Bürgerladen-Gruppe ihr Projekt im Untermarkt durchsetzen will und der ganzen Lokalpolitik das Misstrauen ausspricht.

Aufs Tapet kommt dann auch ein Thema, in dem der Dauerkonflikt zwischen Bürgermeister und Räten seit der ersten Sitzung angelegt ist: Seit Mai 2014 streiten beide Seiten über die Geschäftsordnung des Stadtrats, in der unter anderem die Auskunftsansprüche gegenüber der Verwaltung geregelt sind. Heilinglechner und die Stadtverwaltung wollen dem Rat nur als ganzem Gremium Kontroll- und Informationsrechte zubilligen, während die Räte diese Rechte auf alle einzelnen Mitglieder übertragen wollen. Man habe die Forderungen noch einmal in eine neue Fassung gebracht und sei gespannt über die Einschätzung der Rechtsaufsicht, sagt Heilinglechner und zeigt erste Anzeichen von Resignation: "Eigentlich bin ich's langsam leid."

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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