Wolfratshausen:Die Loisachhalle bleibt Verschlusssache

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Bürgermeister Klaus Heilinglechner lässt erstmals die umstrittenen Verträge der Stadt Wolfratshausen mit dem Hofbräuhaus Traunstein prüfen. Das Ergebnis wird den Räten aber wieder nicht-öffentlich präsentiert

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Für ihre Veranstaltungen in der Loisachhalle kann die Stadt Wolfratshausen auf den Service aus dem nahen Wirtshaus Flößerei zurückgreifen. Doch wenn sie die Bewirtung selbst in die Hand nimmt, gibt es unter die Gläser oft noch Bierdeckel, auf denen das Hofbräuhaus Traunstein "eine starke Gruppe für die Loisachhalle" verewigt hat. Diese Projektgruppe des Stadtrats hatte bis 2006 mit den Traunsteinern das Modell ausgearbeitet, wie die Brauerei die zuvor jahrelang geschlossene städtische Halle übernimmt, saniert und daneben das Wirtshaus errichten darf. Die umstrittenen Verträge sind von jeher unter Verschluss, auch die Stadträte haben sie nicht zu Gesicht bekommen. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) will das ändern. Zuvor lässt er die Verträge extern prüfen.

Der Dauerstreit über das Betreibermodell, mit dem die Halle für mindestens 35 Jahre an den Privatinvestor übergegangen ist, hatte die Stadtpolitik gelähmt und Gräben aufgeworfen, die nicht überwunden sind. Auch in der Sache ist das Thema fast acht Jahre nach Vertragsschluss durch den damaligen Hofbräu-Chef Dietrich Sailer und den damaligen Bürgermeister Reiner Berchtold (SPD) nicht erledigt. Nach wie vor ist unklar, ob die beiden beim Notar der Traunsteiner wirklich das unterschrieben haben, was die Stadträte nach eigener Überzeugung genehmigt hatten. Daran zweifeln auch Leute, die auf dem alten Bierdeckel noch den Hut aufhaben.

Die Loisachhalle am Hammerschmiedweg in Wolfratshausen ist eines der Verdrussthemen der Stadt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Denn der Stadtrat als ganzer hatte vor dem Beschluss den Vertrag nur auszugsweise vorgelesen bekommen, der dem Hofbräuhaus bei eigenen Investitionen von mindestens 510 000 Euro einen städtischen Baukostenzuschuss von fast 4,3 Millionen Euro beschert hat. Umso größer war bei vielen Räten später das Erstaunen, dass das Hofbräuhaus von dem städtischen Geld nicht wie erhofft 3,9 Millionen in die Generalsanierung der Halle und nur 400 000 Euro in sein neues Wirtshaus gesteckt hat. Die Klagen über den Zustand der Halle reißen seither nicht ab, die Stadt und ihr Vertragspartner schicken Mängellisten, Gutachten und Forderungen hin und her. Wie viel einst tatsächlich wohin geflossen ist, blieb unklar. Das Hofbräuhaus hatte wissen lassen, es habe viel mehr investiert als 510 000 Euro.

In dem Vertrag ist die Verteilung des städtischen Gelds aber gar nicht exakt festgeschrieben, wie die Stadt und ihr Loisachhallen-Rechtsberater Harald Mosler später mitteilten. Aus diesem Grund sah auch die 2011 von Alfred Fraas (CSU) per Strafanzeige eingeschaltete Staatsanwaltschaft keinen Anlass zu Ermittlungen. Danach hatten die Ratskollegen Fraas mit großer Mehrheit eine Rüge wegen Verstoßes gegen seine Verschwiegenheitspflicht ausgesprochen. Fraas sitzt erst seit 2008 im Stadtrat und hat sich bisher vergeblich um Einsicht in den Vertrag bemüht - ebenso wie einige Stadträte, die 2014 erstmals gewählt wurden. Als bisher einzigen Rat hat die Stadtverwaltung im Frühjahr Manfred Menke (SPD) eine halbe Stunde über den Vertrag lesen lassen - dies allerdings nicht in seiner Rolle als Stadtrat, sondern als Informationsfreiheitsbeauftragter. Als solcher musste er sich mit einem Antrag des Wolfratshausers Heinz Wensauer auf Einsichtnahme nach der Informationsfreiheitssatzung befassen. Wensauer hat auch schon den Bund der Steuerzahler auf das Projekt aufmerksam gemacht, auch dies ohne Ergebnis. Seinen Antrag hat die Stadtverwaltung mit denselben Argumenten abgelehnt wie alle Vorstöße der Stadträte: Der Vertrag sei privatrechtlich und dürfe nur mit Zustimmung des Vertragspartners veröffentlicht werden. Außerdem stehe zu dem Thema keine Entscheidung an.

Dokument der Zeitgeschichte: Bierdeckel der Projektgruppe. (Foto: oh)

Dietrich Sailer ist nach einem Zwist mit seinem Neffen Maximilian inzwischen zwar nicht mehr Hofbräu-Chef, aber immer noch Miteigentümer und Geschäftsführer der Loisachauen GmbH, in der die Traunsteiner ihre Wolfratshauser Geschäfte gebündelt haben. Sailer denkt nach eigenen Worten überhaupt nicht daran, sein Einverständnis zu einer Veröffentlichung des alten Vertrags zu geben. Doch Klaus Heilinglechner, der seit 2008 im Stadtrat sitzt und seit 2014 Bürgermeister ist, will das leidige Thema Loisachhalle loswerden und sich daher über Sailers Veto hinwegsetzen. "Ich habe da meine Meinung geändert. Das wird der Herr Sailer jetzt aushalten müssen", sagt er. Zuvor werde ein auswärtiger, bisher unbeteiligter Jurist alle Vorgänge prüfen. Der Anwalt, der seine Arbeit schon aufgenommen hat, soll seine Ergebnisse nebst den Verträgen frühestens im Dezember dem gesamten Stadtrat unterbreiten - dies dann aber wieder hinter verschlossenen Türen.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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