Wolfratshausen:Der letzte Riese

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"Isura Madrigal Chor" singt Max Reger

Von Sabine Näher

Max Regers "Acht geistliche Gesänge" op. 138 gehören zum klassischen Chorrepertoire und dürften neben den Orgelwerken zum meist Aufgeführten aus seiner Feder zählen. Ihre zweite Nummer, der "Morgengesang" - "Du höchstes Licht, ewiger Schein" - leiht der neu erschienenen CD des Isura Madrigal Chors den Titel. Solch große Bekanntheit birgt immer zugleich die Chance, dass potenzielle Käufer eher zugreifen, wie die Gefahr, mit unzähligen Einspielungen und Konzerteindrücken anderer Ensembles in Konkurrenz treten zu müssen. Da 2016 der 100. Todestag Regers ansteht, werden beide Komponenten verstärkt zum Tragen kommen.

Der 1986 gegründete und in Geretsried angesiedelte Chor, der seit 2010 von Johannes Buxbaum geleitet wird, kann sich mit seiner Interpretation der Konkurrenz indes getrost stellen. Ein wunderbar weicher, warmer, runder Chorklang, der zudem gut ausbalanciert ist, kann vollkommen überzeugen. Auch die Textdurchdringung und -verständlichkeit nehmen für sich ein. Dass Buxbaum eine gewisse Strenge walten lässt und davor zurück scheut, die ganze Bandbreite des spätromantischen Überschwangs klanglich auszureizen, mag dem einen gefallen, dem anderen als Defizit erscheinen. Doch das ist letztlich eine Geschmackssache.

Reger, 1873 in der Oberpfalz geboren, wirkte von 1901 an zunächst in München und wurde 1907 zum Universitätsmusikdirektor in Leipzig berufen, wo er zudem eine Professur am Konservatorium erhielt. Dort beeindruckten ihn die (bis heute stattfindenden) allwöchentlichen Auftritte des Thomanerchores, bei denen Chormusik vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart erklingt. Unter deren Eindruck entstanden die "Drei Motetten" op. 110, deren bekannteste "O Tod, wie bitter bist du" die CD des Isura Madrigal Chores mit intensivem und klangschönem Ausdruck beschließt. Max Reger, der von 1911 bis 1914 als Hofkapellmeister in Meiningen wirkte und seit 1915 in Jena lebte, fand übrigens im Mai 1916 einen völlig unerwarteten Tod in Leipzig, wohin er allwöchentlich fuhr, um seiner Lehrverpflichtung am Konservatorium nachzukommen. Von Paul Hindemith als "der letzte Riese in der Musik" bezeichnet, wäre Reger zu wünschen, dass sein gesamtes Schaffen im Jubiläumsjahr 2016 wieder stärker ins Bewusstsein rückt.

Max Reger: "Du höchstes Licht", Isura Madrigal Chor, querstand VKJK 1528, 2015

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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