Drei Monate lang haben 28 Bauarbeiter aus Bosnien und Slowenien für einen slowenischen Subunternehmer gearbeitet, ohne einen Cent Lohn zu bekommen. Untergebracht waren sie höchst beengt unter unwürdigen Bedingungen in zwei Häusern in Wolfratshausen, darunter das Anwesen am Wasen 3. Am Freitag weigerten sie sich einem Bericht von Bayern 2 zufolge, zu ihren Baustellen in München und Penzberg zu fahren, und verlangten Geld. Doch der Subunternehmer, der von einer Wolfratshauser Baufirma verpflichtet worden war, ist abgetaucht, wie der Sender recherchiert hat. Die Männer sind vollkommen mittellos und auf Unterstützung angewiesen, denn für die beiden Häuser, in denen sie wohnten, wurde auch keine Miete bezahlt.
Bürgermeister Klaus Heilinglechner zeigte auf SZ-Anfrage zwar Verständnis für die schwierige Situation der Betroffenen und sagte, natürlich werde man ihnen humanitäre Hilfe zugestehen. Dies ist bereits in Form von Essensgutscheinen im Wert von jeweils 20 Euro geschehen, außerdem soll sichergestellt werden, dass die Arbeiter vorläufig in ihren Unterkünften bleiben können, um Obdachlosigkeit zu vermeiden.
Exklusiv Migranten in München:Leben mit Schimmel, Dreck und Ungeziefer
Zahlreiche Vermieter in München nutzen die Not von Migranten aus. Sie verlangen horrende Mieten für verwahrloste, überbelegte Häuser. Eine interne Liste des Sozialreferats zählt mehr als zwei Dutzend solcher Objekte auf.
Begeistert ist Heilinglechner von alledem allerdings nicht. "Da werden Menschen wie Strandgut behandelt, und jetzt müssen die Gemeinden die Zeche zahlen." Die Heimreise der Arbeiter werde voraussichtlich vom slowenischen Gewerkschaftsbund bezahlt, das konkrete Vorgehen werde sich erst in den kommenden Tagen entscheiden. Rein arbeitsrechtlich sei es wohl so, dass der Generalunternehmer - Bayern 2 zufolge ist es die Baufirma Leitner - einspringen muss, wenn sich der Subunternehmer aus der Verantwortung gezogen hat. Die Betroffenen aber müssten dann einen langen Atem haben, denn solche Ansprüche müssten im Einzelfall eingeklagt werden.
Die Firma Leitner war am Freitag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen, laut BR-Bericht ist das Wolfratshauser Bauunternehmen aber bereit, nach Lösungen zu suchen. Das andere beteiligte Generalunternehmen, angeblich die deutsche Tochter einer österreichischen Firma, habe sich bislang noch nicht geäußert und prüfe den Fall.
Erschüttert von "dieser schamlosen, bösen Masche"
Zornig hat auch Ines Lobenstein vom Caritas-Zentrum Wolfratshausen den Fall verfolgt. Sie will den Arbeitern zumindest mit Lebensmitteln der Wolfratshauser und Geretsrieder Tafel aushelfen. Wenn man mit den Gutscheinen billig im Supermarkt einkaufe, könnten die Arbeiter nach Lobensteins Einschätzung bis Mitte der Woche über die Runden kommen. Sie sieht den Sachverhalt ähnlich wie Heilinglechner: "Es ist eine schwierige Situation, in der wir natürlich Hilfe leisten müssen", sagte Lobenstein am Freitag, aber man müsse einfach "erschüttert sein von dieser schamlosen, bösen Masche", mit der sich manche Menschen bereichern".
Sie stellt aber auch den Generalunternehmen ein schlechtes Zeugnis aus: "Die deutschen Firmen wissen ganz genau, was da läuft, die rechnen doch damit, dass diese Leute ausgebeutet werden." Alles in allem sei ein solches Verhalten "menschenverachtend", dafür könne man nicht das geringste Verständnis aufbringen. Die Situation sei für die Stadt umso schwieriger, als diese selbst keine Unterkunft anbieten könne. Aufgrund der hohen Mieten und des Flüchtlingsproblems sei Wolfratshausen an der Grenze seiner Belastbarkeit angelangt.
Höchst unerfreulich ist die Lage auch für die Eigentümerin des Hauses Am Wasen 4, das im BR-Bericht als schäbige Arbeiterunterkunft ausgewiesen war. Die Bosnier wohnten aber im Nachbarhaus, und nun stehe sie am Pranger.