"Wie in einem kleinen gallischen Dorf":Anwohner protestieren gegen "Hobbit-Hotel"

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Das Münchner Immobilienunternehmen "Haus von Beck" plant direkt am Kochelsee Erdhäuser. Der Gemeinderat tagt nicht-öffentlich.

Von Benjamin Engel, Kochel am See

Für den Mieterverein München ist Immobilienunternehmer Rainer Beck einer der "größten Entmieter der Stadt". Auf der Homepage wirbt das "inhabergeführte Familienunternehmen mit altbairischer Tradition", das unter "Haus von Beck" firmiert, mit Kauf, Sanierung und Vermietung von Wohnhäusern und -anlagen. Derzeit löst der Immobilienunternehmer rund 70 Kilometer weiter südlich in Kochel am See Kritik aus: Auf einem rund 26 000 Quadratmeter großen Wiesengrundstück in Altjoch am Kochelsee-Ostufer plant er ein Hotelprojekt mit eingeschossigen begrünten Lodges, sogenannten Erdhäusern. Umgangssprachlich werden diese Gebäude - in Anlehnung an die Fantasiewesen des britischen Schriftstellers Tolkien - Hobbit-Häuser genannt. Anwohner in Altjoch fühlen sich falsch informiert, sie wollen das Vorhaben verhindern.

In Altjoch, direkt am Kochelsee, will Rainer Beck mit seinem Unternehmen "Haus von Beck" eine Ferienanlage bauen. (Foto: Manfred_Neubauer)

Beck hat das Grundstück vor rund zehn Jahren vom Stromunternehmen Eon gekauft. Was er dort plant, macht den Mediziner Claudius Gall wütend: "Ich komme mir vor wie in einem kleinen gallischen Dorf", sagt der Altjocher. Schließlich gehe es um eine der wenigen noch erhaltenen naturnahen Flächen am Kochelsee. Eine Bebauung wäre seiner Ansicht nach ein unverantwortlicher Umgang mit der Natur.

Nur eine "vage Idee"?

Vor knapp zwei Wochen hatte Immobilienunternehmer Beck die unmittelbaren Anwohner zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Ein Mitarbeiter von "Haus von Beck" habe den 40 bis 50 Anwesenden von einer vagen Idee erzählt, berichtet Gall. Demnach könnten drei oder auch 15 Lodges errichtet werden, die angeblich an keltische Bauten angelehnt seien. Nur in Seerichtung sollten die Erd-Lodges Fenster haben. Zudem solle es ein zentrales Gebäude mit Rezeption und Gastronomie geben, so hat sich Gall notiert. Der Mitarbeiter hätten von einem frühen Stadium der Planungen gesprochen.

Umso überraschter zeigt sich Gall über das, was aus der anschließenden nicht-öffentlichen Sitzung des Gemeinderats nach außen drang. Demnach sei dort eine perfekte Power-Point-Präsentation vorgestellt worden. Und es sei von einem millionenschweren Vorhaben gesprochen worden.

Den Altjocher Martin Jäger stimmt der Immobilienunternehmer Beck ohnedies skeptisch. Kaum habe dieser nämlich das Grundstück vor rund zehn Jahren gekauft, seien schon Verbotsschilder aufgestellt worden. Beck habe versucht, die Öffentlichkeit vom Seeufer auszusperren. Doch das habe die bayerische Schlösser- und Seenverwaltung, die für den Uferbereich zuständig ist, nicht zugelassen. Zudem befürchtet Jäger eine zu große Verkehrsbelastung, sollte das Projekt umgesetzt werden. Ein zweites Elmau - damit meint er das Luxushotel bei Garmisch Partenkirchen - nur für Reiche dürfe keinesfalls entstehen. Als ein einheimischer Hotelier vor 20 Jahren in Altjoch zehn kleine Holzhäuser habe errichten wollen, habe die Regierung von Oberbayern das Vorhaben abgelehnt, berichtet er.

"Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen"

Für die Kritik der Anwohner bekundet Kochels Bürgermeister Thomas Holz (CSU) Verständnis. "Die meisten würden wohl ganz ähnlich reagieren, wenn in ihrer Nachbarschaft derartige Ideen entstehen würden", sagt er. "Diese Sorgen müssen wir unbedingt ernst nehmen." Allerdings sei das Hotel-Projekt in einem sehr frühen Stadium. Detailliertere Planungen oder ein Zeitplan zur Umsetzung existierten bisher nicht. Derzeit ließen sich Chancen und Risiken nicht abschätzen, betont Holz. Deshalb sei die Kommune in einer neutralen Position. Allein in der Hand von Immobilienunternehmer Beck liege es nun, wie er sein Vorhaben weiterverfolge, so der Bürgermeister. Erst dann stelle sich die Frage, ob die Kommune für das Grundstück im Außenbereich - derzeit ist es als Fläche für die Landwirtschaft festgesetzt - ein Verfahren einleiten solle, um die Bauleitplanung zu ändern.

In einer Stellungnahme zur Gemeinderatssitzung hat Bürgermeister Holz den bisherigen Sachstand aus seiner Sicht zusammengefasst. Demnach hatte der Grundstückseigentümer Beck mit der Idee für ein touristisches Projekt die Gemeinde kontaktiert. Nach einem Gespräch im Rathaus sei zuerst der zuständige Tourismus-, Freizeit- und Erholungsausschuss des Gemeinderats informiert worden. Es habe geklärt werden sollen, ob die Idee weiterverfolgt werden soll. In diesem Gremium sei beschlossen worden, das Projekt dem ganzen Gemeinderat vorzustellen. "Schon zu diesem Zeitpunkt habe ich den Grundstückseigentümer eindringlich gebeten, die Anwohner zu informieren", erklärt Holz. Er ruft die Beteiligten dazu auf, miteinander und nicht übereinander zu sprechen.

Der Altjocher Gall findet, die Gemeinde sollte, statt die Landschaft durch solche Projekte zu zerstören, lieber auf sanften Tourismus setzen. Darin würde er den Bürgermeister auch unterstützen, sagt er. Der Flächenfraß dürfe aber nicht weiterbetrieben werden. "Wir haben eine der schönsten Gegenden der Welt", erklärt Gall. Und diese besondere Landschaft müsse erhalten bleiben.

Das Unternehmen "Haus von Beck" hat Nachfragen zu dem Projekt in Kochel am See bisher nicht beantwortet.

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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